Abstract (deu)
Videospiele sind ein Medium von zunehmender Bedeutung in heutigen digitalisierten Gesellschaften. Einige statistische Erhebungen deuten darauf hin, dass mitunter 97% aller US-amerikanischen Jugendlichen Videospiele spielen, und 72% aller US-Haushalte. Die unterschiedlichen und heterogenen Praxen des digitalen Spielens sind ob einer Vielzahl an Gründen von Bedeutung: Sie fungieren als Träger der Sozialisation für jüngere wie ältere Generationen, bieten Räume für soziale Interaktionen, haben eine stratifizierende Wirkung die hierarchische Beziehungen fördert, schließen immer auch an nicht-virtuelle Kontexte an, und vieles mehr. Daher ist es von zentraler Bedeutung die Wirkungsweise und die weitläufigen gesellschaftlichen Effekte dieses verhältnismäßig jungen (und sich kontinuierlich verändernden) Mediums zu verstehen. Die folgende Masterarbeit versucht, sich einem solchen Unterfangen anzuschließen, indem sie Konzepte aus dem sozialwissenschaftlichen Feld der Science & Technology Studies (STS) auf einen bestimmte Fall des virtuellen Spielens in einem spezifischen Online-Kontext anwendet. Durch die Analyse sowohl der materiellen als auch der sozialen Aspekte des regelmäßigen Spiels einer semi-institutionalisierten online Community, und deren gemeinsamer Bedeutung in der Co-Konstruktion von Sinn, Praxis, und Materialität, versuche ich ein tiefer gehendes Verständnis von spielerischen online Begegnungen als komplexe, heterogene Netzwerke zu fördern.
Mit Hilfe der Perspektiven der analytisch symmetrischen Netzwerk-Ansätze von ANT (Actor-Network-Theory) und feministischer STS führte ich eine qualitative Studie der Spiele-Praxen einer bestimmten online Community durch, die den online Ego-Shooter Left4Dead über ein Jahr hinweg regelmäßig gemeinsam spielte. Durch die Methoden der Artefaktanalyse und der Grounded Theory fand ich heraus, dass die Materialität der eingesetzten Technologien sowohl bestimmte Machtstrukturen, als auch spezifische Formen der Identifikation ermöglichen, sowie die konkrete Spiele-Erfahrung, wie sie von den Spielenden performiert wird, grundlegend beeinflussen. Die Mechanismen, mit denen Individuen Status und Autorität zuerkannt werden, sind eng mit der Spielelogik verbunden, während bestimmte Eigenschaften der involvierten Technologien willentlich stratifizierend eingesetzt werden. Um am Spiel teilnehmen zu können, und um Teil der Community sein zu dürfen, müssen sich die Spielenden den so entstehenden Hierarchien unterwerfen.
Während all dies in keiner Weise zwingender Bestandteil dieser technologisierten sozialen Beziehungen ist, so wird es doch durch diese bedingt ermöglicht, und von den Teilnehmenden praktisch umgesetzt. Daher schließe ich, dass es notwendig ist sowohl materielle als auch soziale Aspekte von Praxen zu begutachten, um ein umfassendes Verständnis von sozialem Online-Spiel zu ermöglichen.