Abstract (deu)
In der vorliegenden vergleichenden religions-und kulturwissenschaftlichen Studie wird der Frage nach einer umfassenden Heilung in zwei unterschiedlichen Religionssystemen nachgegangen, wobei das Christentum und die wissenschaftlich westliche Medizin dem buddhistischen, ganzheitlichen Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit gegen-übergestellt werden. Die europäisch christliche und die asiatisch buddhistische Religion haben sich zum Vergleich angeboten, da das Christentum mehr als 1500 Jahre das religiöse Leben im europäischen Kulturraum dominiert hat und der Buddhismus nicht nur in weiten Teilen Asiens das religiöse und kulturelle Leben bestimmt, sondern auch im Westen Menschen zunehmend in seinen Bann zieht. Der Buddhismus, als die ältere der beiden Religionen, hat seine Wurzeln in dem hinduistischen Glaubensgut, während das Christentum aus den Quellen jüdischer und hellenistischer Glaubensvorstellungen schöpft. Im Buddhismus gibt es im Gegensatz zum Christentum keine Vorstellung eines persönlchen Schöpfergottes, denn Buddha ist als sterblicher Mensch Überbringer einer ewigen Heilslehre, während Jesus Christus als fleischgewordener Logos durch seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung die sündige Menschheit mit dem Vater ausgesöhnt und mit der Frohbotschaft die Erlösung aller Menschen verkündet hat.
Schon immer haben sich Religionen auf Heil und Heilung in einer unheilen Welt berufen und auf die Möglichkeit einer Vermittlung zwischen Menschen und der transzendenten Wirklichkeit verwiesen. Es wird der Versuch unternommen, die verschiedenen spirituellen Vermittlungsformen der beiden kulturell wie religiös verschiedenen Symbolsysteme zu erfassen, die für das Heil und ganzheitliche Heilung in Betracht kommen, um auf Ähnlich-keiten und Verschiedenheiten aufmerksam zu machen.
Die Krise der postmodernen Gesellschaften (Entsolidarisierung, Werteverfall, Legitimitäts-Indentitäts- und Sinnkrise) entstand Mitte des 20. Jahrhunderts durch die philosophisch untermauerte, ungehemmte Förderung des Individualismus und liberalen Kapitalismus, wodurch die ehemals gemeinschaftlichen Grundlagen der europäischen Kultur untergraben wurden. Die ökonomische Nutzenmaximierung (nicht nur im Gesundheitswesen), die Selbstverwirklichung und die Überbetonung des Individuellen auf Kosten des Gemeinwohls, der Verlust allgemeiner und spiritueller Werte, verbunden mit einer familiären Zersplitterung und einer Pluralisierung der Gesellschaften haben schon längst dazu geführt, dass der Informationskapitalismus und der globale Markt die Macht an sich gerissen haben, um mit sorgfältig gefälschten Informationen medial die Menschen in ihrem Sinn zu manipulieren.
In einer Zeit, in der die individuelle Gesundheit und das diesseitige Wohlergehen in den Mittelpunkt der Lebensperspektive gerückt sind, hat die Solidaritätsgemeinschaft zwar die Mittel für die medizinische Behandlung bereitgestellt, dabei aber die religiösen und spirit-tuellen Nöte der Menschen weitgehend ausgeklammert und in die Privatsphäre abgeschoben. Im Zuge der immer schärferen Trennung von Kirche und Staat haben viele Bürger ihre religiöse Identität abgelegt, sich ein eigenes spirituelles Konzept zurecht gelegt oder sich ganz einem diesseitigen Hedonismus und Kosumismus verschrieben.
Da in den westlichen Industriestaaten heute nur nach den Prinzipien einer kompromisslosen, seelenlosen Evidenz basierten Medizin behandelt werden darf, wird geistiges Heilen zu einem Problem, denn Geistiges lässt sich nur schwer unter Beweis stellen. Deshalb suchen immer mehr Menschen ihr Heil und Heilung in einer alternativen Medizin, die einer Evidenz nicht bedarf oder in esoterischen Zirkeln, in spirituell aufgezogenen Wellnessinstituten, aber auch in heilwirksamen, spirituellen Praktiken östlicher Religionen (Yoga, Meditation). Auch die christen Kirchen bemühen sich heute vermehrt, ihr spirituelles Angebot zu erweitern und Gläubige wieder an sich zu ziehen. Mittlerweile haben selbst medizinische Institutionen und insbesondere auch die modernen psychologischen Schulen die positiven Wirkungen religiöser und spiritueller Praktiken erkannt und sie teilweise schon in ihr Behandlungskonzept integriert (Stressreduktion: MBSR).