Abstract (deu)
Die Reproduktion tropischer Pflanzen ist zum größten Teil abhängig von Tieren als Bestäuber sowie als Frucht- bzw. Samenverbreiter.
Innerhalb der Araceae, einer hauptsächlich pantropisch verbreiteten Pflanzenfamilie, gilt Tierbestäubung, und zwar bis auf wenige Ausnahmen durch Insekten, als allgemeines Merkmal. Von den ca. 4000 Arten innerhalb der Familie sind bis jetzt nur ein Bruchteil untersucht worden. Daten über Bestäuber und Blütenbesucher existieren lediglich für 165 Arten.
Fleischige und farbige Früchte sind ein allgemeines Merkmal der Araceae und deuten auf Tierverbreitung hin. Trotz dessen sind Beobachtungen und Untersuchungen zur Fruchtverbreitung bei Araceae selten und es existieren nur sehr wenige Studien zu diesem Thema.
Für die vorliegende Arbeit wurden zwei Arten untersucht, bei denen bisher weder die Bestäubungsökologie noch die Fruchtausbreitung untersucht worden sind: Dieffenbachia aurantiaca und Alocasia sarawakensis.
Dieffenbachia aurantiaca ist eine, in der Golfo Dulce Region im Südwesten Costa Ricas und Westpanamas, endemische Art. Diese Studie beschreibt erstmals deren Bestäubungsbiologie, wobei Antheseverlauf, Thermogeneseentwicklung und Verhalten der einzelnen Blütenbesucher untersucht wurden. D. aurantiaca wird wie andere, nah verwandte Arten (D. oerstedii, D. nitidipetiolata und D. longispatha) von Käfern der Unterfamilie Dynastinae (Scarabeidae), in diesem Fall Cyclocephala amblyopsis und C. gravis, bestäubt. Neben den legitimen Bestäubern, beherbergt D. aurantiaca noch eine Vielzahl weiterer Besucher, die einen mehr oder weniger großen Teil ihres Lebens in dem von den Infloreszenzen gebildeten Kessel verbringen. Ebenso wird die Fruchtentnahme durch drei Vogelarten (Manacus aurantiacus, Myiozetetes similis, Mionectes oleagineus) und dem Helmbasilisk (Basiliscus basiliscus) über einen längeren Zeitraum dokumentiert. Dies ist die erste Untersuchung zur Fruchtverbreitung neotropischer Araceae und weist erstmals eine Verbreitung durch Reptilien (Saurochorie) in dieser Pflanzenfamilie nach.
Alocasia sarawakensis ist eine endemische Unterwuchspflanze in Tieflandregenwäldern Borneos. Die Untersuchung, die im „Danum Valley Field Centre“, Sabah, Borneo, Malaysia, durchgeführt wurde, zeigt die ersten Thermogenesemessungen und Beobachtungen der Bestäuber, einer taxonomisch unbeschriebene Fliegenart (Diptera: Drosophilidae: Colocasiomyia). Beschrieben werden auch für die Gattung Alocasia einzigartige Spathabewegungen, die das Verhalten der Bestäuber manipulieren und dazu dienen, weitere Blütenbesucher (Hymenoptera: Apidae, Diptera: Muscidae) auszuschließen. Fliegen-Ausschlussexperimente führten zu keiner Bestäubung und verdeutlichen eine intime Beziehung zwischen der Pflanze und ihren Bestäubern: Es handelt sich um einen Fall von Brutplatz-Mutualismus. Colocasiomyia Individuen werden von einem starken Duft, der mit einer Erwärmung der Infloreszenz einhergeht, am frühen Morgen der weiblichen Phase angelockt. Paarung, Eiablage und Larvalentwicklung der Fliegen finden in Infloreszenzen von A. sarawakensis statt. Am nächsten Morgen kommt es zu einer weiteren Phase der Wärmeentwicklung in der Infloreszenz währenddessen die Fliegen den Kessel wieder verlassen. Dabei werden sie durch das teilweise Verschließen der Spatha so gelenkt, dass sie den Kessel nur durch ein kleines Loch, welches sie an den männlichen Blüten vorbeiführt, verlassen können. Man kann hier von einer Halbfalle sprechen, bei der die Insekten zwar nicht über einen gewissen Zeitraum, wie bei einer echten Kesselfalle, gänzlich am Verlassen gehindert werden, jedoch gezielt in ihrem Verhalten manipuliert werden. A. sarawakensis wurde in den beiden Beobachtungsjahren ausschließlich von einer einzigen Colocasiomyia Art bestäubt und ist vermutlich von dieser abhängig, was dieses Bestäubungssystem hochspezialisiert macht.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studien veranschaulichen sehr deutlich allgemeine Muster von Paarungsplatz-Mutualismus und Brutplatz-Mutualismus und liefern fundierte Beobachtungen zur Fruchtverbreitung einer häufigen Unterwuchspflanze im tropischen Regenwald. Insgesamt bringt diese Studie zur Reproduktionsbiologie tropischer Araceae interessante Ergebnisse und gute Beispiele mutualistischer Interaktionen innerhalb der Angiospermen und es werden weitere Fragen zur Evolution solcher Beziehungen aufgeworfen.