Abstract (deu)
Das Struktur-Ensemble von Intrinsisch Ungeordneten Proteinen (IUPs) ist sehr heterogen und dynamisch. Das Fehlen einer stabilen Struktur und der schnelle Wechsel zwischen einer Großzahl an möglichen Sub-Strukturen führt zu einer schmalen Verteilung der chemischen Verschiebungen und einer daraus resultierenden Überlappung von Resonanzen in 2D & 3D NMR Experimenten. Dies erschwert die Zuweisung von chemischen Verschiebungen zu einzelnen Atomen im Protein durch konventionelle Methoden. Random Sampling indirekter Dimensionen in Spektren höherer Dimensionalität (5D) in Kombination mit Sparse Matrix Fourier Transformation (SMFT) ist eine neue und effiziente Methode für die Zuordnung chemischer Verschiebungen selbst in großen IUPs. Mithilfe dieser 5D Experimente war es möglich in relativ kurzer Zeit fast das gesamte Protein-Rückgrat von humanem BASP1 (Brain Acid-Soluble Protein 1) und dessen Hühner-Homolog cBASP1 zuzuordnen.
Die Möglichkeit einer schnellen und umfassenden Zuordnung von IUPs eröffnet neue Optionen die Struktur und Dynamik dieser faszinierenden Protein-Familie zu erforschen. Die Flexibilität von IUPs macht sie sehr empfänglich für Änderungen in ihrer Umgebung (z.B. Ionenstärke, pH, hohe molekulare Dichte, etc.). Diese Änderungen können zu erheblichen strukturellen Umordnungen innerhalb ihres Struktur-Ensembles führen. Mithilfe einer umfassenden Meta-Struktur Analyse der pH-Abhängigkeit von IUPs konnte gezeigt werden, dass IUPs im Allgemeinen dazu tendieren bei niedrigem pH kompaktere Konformationen anzunehmen und sie dazu neigen α-helikale Sekundär-Struktur auszubilden. Die Voraussagekraft des Meta-Struktur Ansatzes konnte durch seine Anwendung auf zwei gut erforschte Beispiele für pH-induzierte Kompaktierung veranschaulicht werden – die IUPs α-Synuclein und Prothymosin α. Messungen an zwei weiteren IUPs, dem Tumor Suppressor BASP1 und dem Transkriptionsfaktor Tcf4, untermauern zusätzlich die Validität der Meta-Struktur Analyse. Die Zuordnung der chemischen Verschiebungen von cBASP1 bei zwei unterschiedlichen pH Werten erlaubte die Anwendung NMR-spektroskopischer Methoden, die zum einen pH-abhängige Unterschiede in der Tendenz Sekundär-Struktur (Secondary Structure Propensity) auszubilden überprüfen, und zum anderen differentielle Kompaktierung entlang des Protein-Rückgrats aufgrund der pH-Änderung messen. Zu diesem Zweck wurden sowohl bereits etablierte HET-SOFAST Experimente angewendet, als auch eine neu entwickelte NMR-spektroskopische Methode, die 1H-1H homonukleare Cross-Relaxation während schneller adiabatischer Passage (adiabatic fast passage) misst. Weiters bestätigt Elektronenspinresonanz (ESR)-basierte Doppel-Elektron-Elektron-Resonanz (DEER) Spektroskopie die Ergebnisse der Meta-Struktur Analyse und NMR Spektroskopie, die eine pH-induzierte Kompaktierung des Struktur-Ensembles von cBASP1 feststellen.