Abstract (deu)
In dieser Arbeit werden Lebenswelten, Zugehörigkeiten und Zukunftsperspektiven der heutigen Guarani Kaiowá Jugend in Mato Grosso do Sul diskutiert. Dabei wird das Reservat als komplexer Lebensraum interkultureller Werte und Normen analysiert, um sich der darin beheimateten Jugend anzunähern. Im Forschungsinteresse stehen Selbstverortungen der Jugendlichen, sowohl gegenüber den älteren Generationen, als auch gegenüber der sie umgebenden nicht-indigenen Gesellschaft, sowie die Rolle der Reservatschulen in Gemeinde, Familie und Individuum. Die Situation der Guarani Kaiowá ist stets in Anbetracht des massiven Landverlusts, den dieses Volk im Laufe des 20. Jahrhunderts erfuhr, zu analysieren. Aufgrund der schwerwiegenden Auswirkungen, die die Verdrängung von ihrem Territorium zu Gunsten der Ausweitung der agrarischen Exportwirtschaft bewirkt hat, befinden sich die Guarani Kaiowá heute immer noch in einem Kontext prekärer Lebensverhältnisse. Die Reservate fungierten als Sammelbecken für verdrängte und vertriebene Familien und sind heute von Landmangel und Überbevölkerung betroffen.
Die analytische Annäherung an die Lebensrealitäten der Jugend, die in diesem Kontext aufwächst, geschieht durch die Diskussion theoretisch relevanter Konzepte, wie Jugend und Generation, sowie einem dynamischen Verständnis von Kultur und Identität. Die Forschungsergebnisse basieren einerseits auf der Analyse vorangegangener Forschungen über die Guarani Kaiowá und andererseits auf den Daten, die im Zuge eines viermonatigen Feldaufenthaltes 2012/2013 erhoben wurden. Die Übergänge zwischen den Lebensphasen Kindheit - Jugend - Erwachsensein, sowie die Beziehungen zwischen den Generationen sind nicht nur Ausdrücke sozialer Lebens- und Machtverhältnisse, sondern veranschaulichen auch kulturelle Veränderungen und Prozesse der Gesellschaft im Fokus. In diesem Sinne ergänzt die vorliegende Forschung vorangegangene Werke über die Guarani Kaiowá hinsichtlich zentraler und sehr aktueller Aspekte.