Abstract (deu)
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit einer systemtheoretischen Betrachtung von neuen
sozialen Bewegungen, der Wiener Refugee-Bewegung im Speziellen, auseinander. Seit
Oktober 2012 protestieren in Wien etwa 50 Asylsuchende, welche sich gegen die restriktive
Asylpolitik, Marginalisierung und Exklusion wehren. Flüchtlingsbewegungen
wie diese spielen in den letzten Jahren einer immer wichtigere Rolle und finden zur Zeit
in mehreren europäischen Städten wie Berlin, Lille und Amsterdam statt. Das neuartige
an diesen Protestbewegungen stellt das selbstermächtigte Auftreten dar, denn erstmals
fordern Asylsuchende selbst die ihnen zustehenden Rechte ein. Diese politische Subjektwerdung
hat große Auswirkungen auf die gesellschaftliche Positionierung, denn
nicht wie bisher unsichtbar gemacht und ausgeblendet, tauchen Asylsuchende nun am
Radar des politischen Systems auf.
Der Soziologie Niklas Luhmann versuchte mit seiner Theorie funktionaler Systeme eine
gesellschaftliche Universaltheorie zu etablieren, welche es ermöglicht, jegliche Problemfelder
der Sozialwissenschaft zu analysieren. Im Zentrum steht eine funktional differenzierte
Gesellschaft, ausgebildet in eine Vielzahl von Subsystemen. Das politische
System stellt Ort von Protestbewegungen dar und auch die Wiener Flüchtlingsbewegung
lässt sich dort lokalisieren. An die Peripherie des Systems gedrängt und politisch
entmachtet, wird von dort aus versucht, ihre Themen in das politische Zentrum der
Verwaltung zu transferieren. Protest stellt jene Kommunikationsform dar, die es ermöglicht,
sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen und sichtbar zu werden - eines der
Ziele der Refugees. Diese Arbeit identifiziert Exklusionsmechanismen als Anlass für
Protest und betrachtet die Gesellschaft als Summe von Systemen, in der diese Mechanismen
eingebettet sind.