Abstract (deu)
Da junge Menschen zunehmend längerfristige Ausbildungen absolvieren (Statistik Austria 2013a), erfolgen Übergänge, die mit Erwachsenwerden verbunden sind (z.B. Auszug aus dem Elternhaus, Eintritt ins Berufsleben, Familiengründung, etc.), zu einem späteren Zeitpunkt, als vor 20 bis 30 Jahren. Die Bezeichnung Emerging Adulthood verweist auf das langsam entstehende Erwachsensein, das bei vielen 18 bis 29-Jährigen zu beobachten ist (Arnett, 2004). Ein zentraler Aspekt des Erwachsenwerdens ist der Prozess der Entwicklung einer autonomen, von den Eltern unabhängigen Persönlichkeit, welcher als Individuation bezeichnet wird. Dieser Prozess, der auch im frühen Erwachsenenalter eine wesentliche Rolle spielt (Youniss & Smollar, 1985), wurde bisher hauptsächlich an Jugendlichen (z.B. Puklek Levpušček, 2006) untersucht. Um den Altersrahmen der aktuellen Forschung zu Individuation zu erweitern, zielte die vorliegende Studie darauf ab, Individuationsaspekte in ihrer Ausprägung bei Emerging Adults zu erfassen, und Unterschiede zu Jugendlichen aufzuzeigen. Da der Eintritt ins Berufsleben den Individuationsprozess vorantreibt (Masche, 2008) wurden auch verschiedene Ausbildungswege und Berufstätigkeit als mögliche Einflussfaktoren berücksichtigt. Mit Hilfe des „Individuation Test for Emerging Adults“ in deutscher Version (ITEA, Komidar et al., 2011) wurden die Individuationsaspekte Connectedness, Agency, Support Seeking, Intrusiveness und Fear of disappointing parent jeweils bezogen auf Mutter und Vater in Form einer Online-Befragung erhoben. Die Stichprobe umfasste N=702 Personen, darunter n=128 Jugendliche (16-18), n=361 jüngere (19-25) und n=213 ältere (26-29) Emerging Adults. Konsistent mit der Individuationstheorie (Youniss & Smollar, 1985) zeigte sich in allen Altersgruppen ein vergleichbar hohes Ausmaß an Connectedness zu Mutter und Vater, während junge und ältere Emerging Adults von signifikant mehr Agency berichteten als Jugendliche. Unterschiede zwischen den Altersgruppen konnten ebenfalls bezüglich Intrusiveness und Fear of disappointing parent (hinsichtlich der Mutter) gefunden werden. Signifikante Unterschiede aufgrund von Berufstätigkeit und absolvierten Ausbildungen zeigten sich nur bei jüngeren Emerging Adults: Studierende erreichten signifikant geringere Werte bezüglich Connectedness zum Vater, als Berufstätige mit Hochschulabschluss. Ebenfalls berichteten junge berufstätige Emerging Adults mit Lehrabschluss von signifikant mehr Intrusiveness zum Vater. Während Alter einen wesentlichen Faktor im Individuationsprozess darzustellen scheint, ist der Einfluss von Berufstätigkeit und absolvierten Ausbildungswege nur gering ausgeprägt.