Vorliegende Arbeit beschäftigt sich im Rahmen einer Fallanalyse mit der interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Ärzteschaft und Pflege im Setting Krankenhaus. Empirische Grundlage der Arbeit ist eine sechsmonatige teilnehmende Beobachtung an einer Internen Abteilung eines österreichischen Landeskrankenhauses. Die Autorin hatte die Möglichkeit in der Rolle einer Famulantin auf den Stationen die täglichen Abläufe zu beobachten. Ergänzend dazu wurden elf ein- bis dreistündige narrative Interviews mit ÄrztInnen und Krankenschwestern bzw. Pflegern im Setting durchgeführt. Zur Analyse der interprofessionellen Zusammenarbeit wird ein modernisierter, soziologisch adaptierten Spielbegriff verwendet, mit dessen Hilfe immer wiederkehrende potentielle Konfliktbereiche zwischen Ärzteschaft und Pflege (re)konstruiert werden. Der Spielbegriff greift die vielfach rezipierte jedoch theoretisch anspruchslose Metapher des Doctor- Nurse- Games von Stein (1967) auf, unter der ein indirekt-manipulatives Spiel zwischen Krankenpflegepersonal und ÄrztInnen zu verstehen ist, im Rahmen dessen Krankenschwestern und Pfleger ihre (Behandlungs-)Vorschläge den ÄrztInnen gegenüber nur indirekt äußern können bzw. diese so aussehen sollten, als ob sie eigentlich von den ÄrztInnen initiiert worden wären. Diese Spielmetapher wird theoretisch durch den Spielbegriff der Organisationssoziologen Crozier und Friedberg (1993) aufgewertet, welcher die Möglichkeit mit sich bringt, die Vorteile von System- und Akteurstheorie zu verbinden. Der von Crozier/Friedberg verwendete Analyserahmen zur Analyse von Spielen in Organisationen wird weitgehend übernommen, jedoch um den neuen Begriff des Spielzuges erweitert. Im Rahmen der Arbeit werden zwei im Feld vorgefundene potentielle Konfliktbereiche innerhalb der Zusammenarbeit von ÄrztInnen und Krankenpflegepersonal als Spiele genau (re)konstruiert: Das Spiel “unerfahrene/r Turnusarzt/ärztin und erfahrene/r Krankenschwester/Pfleger im Ambulanzdienst” und das Spiel “Medikamentenvergabe im Nachtdienst.” Diese Spiele werden akribisch anhand deren formalen wie informellen Spielregeln und den im Feld vorgefundenen Strategien, welche von beobachteten Spielzügen abgeleitet werden, (re)konstruiert. Im Gegensatz zu us-amerikanischen und nordischen Debatten, die auf Grund veränderter Kontextbedingungen von einem Ende des indirekt-manipulativen Doctor-Nurse- Game sprechen, legen Ergebnisse
231
dieser österreichischen Studie nahe, dass das vor über 50 Jahren von Stein (1967) formulierte Doctor- Nurse- Game noch immer gespielt wird, sofern PatientInnen als spielstrukturierende Umwelt anwesend sind.
This dissertation is a case study that analyzes interprofessional collaboration of nurses and doctors in the hospital setting. The empirical basis of this study
is a six-month participant observation at an internal medicine department in an Austrian public hospital. In the role of a medical student (Famulantin), who carries out her compulsory traineeship at an hospital, the author had the opportunity to observe the daily routines of nurses and doctors at different wards of the internal medicine department. In addition eleven one- to three-hour narrative interviews with doctors and nurses were carried out in the setting. The interprofessional collaboration of nurses and doctors in this study is analyzed by using a modernized, sociologically adapted game concept that enables the (re)construction of potential areas of conflict between doctors and nurses.The game concept picks up on the Doctor-Nurse-Game metaphor that was coined by Stein (1967) which describes an indirect manipulative game between nurses and doctors where nurses could only make recommentations concerning treatment very indirectly and those recommentations had to appear as if they were initiated by the doctors. The Doctor-Nurse-Game metaphor, though well received in the scientific community, is theoretically quite unambitious. This lack of theoretical claim of the game concept of Stein (1967) is upgraded in this study with the theoretical game concept of the organizational sociologists Crozier/Friedberg (1993), who claim to combine the advantages of system and actor theory within the concept of the game. For this study the analytical framework of Crozier/Friedberg (1993) for the analysis of games in organizations is used and slightly modified by introducing the term of the „move“. On the basis of the empirical findings two potential areas of conflict between doctors and nurses are analyzed with the help oft the game concept: The game "inexperienced doctor and experienced nurse in the ambulance service" and the game "drug administration during the night shift". These games are (re)constructed meticulously based on their formal and informal rules of the game and the different strategies, which are derived from observed moves. In contrast to us-american and nordic debates, that postulate due to altered conditions the end of the indirect- manipulative Doctor- Nurse- Game, results of this Austrian study suggest that the indirect- manipulative Doctor- Nurse- Game, that was formulated by Stein (1967) about fifty years ago, is still played, provided that patients are present as gametexturing environment.
Vorliegende Arbeit beschäftigt sich im Rahmen einer Fallanalyse mit der interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Ärzteschaft und Pflege im Setting Krankenhaus. Empirische Grundlage der Arbeit ist eine sechsmonatige teilnehmende Beobachtung an einer Internen Abteilung eines österreichischen Landeskrankenhauses. Die Autorin hatte die Möglichkeit in der Rolle einer Famulantin auf den Stationen die täglichen Abläufe zu beobachten. Ergänzend dazu wurden elf ein- bis dreistündige narrative Interviews mit ÄrztInnen und Krankenschwestern bzw. Pflegern im Setting durchgeführt. Zur Analyse der interprofessionellen Zusammenarbeit wird ein modernisierter, soziologisch adaptierten Spielbegriff verwendet, mit dessen Hilfe immer wiederkehrende potentielle Konfliktbereiche zwischen Ärzteschaft und Pflege (re)konstruiert werden. Der Spielbegriff greift die vielfach rezipierte jedoch theoretisch anspruchslose Metapher des Doctor- Nurse- Games von Stein (1967) auf, unter der ein indirekt-manipulatives Spiel zwischen Krankenpflegepersonal und ÄrztInnen zu verstehen ist, im Rahmen dessen Krankenschwestern und Pfleger ihre (Behandlungs-)Vorschläge den ÄrztInnen gegenüber nur indirekt äußern können bzw. diese so aussehen sollten, als ob sie eigentlich von den ÄrztInnen initiiert worden wären. Diese Spielmetapher wird theoretisch durch den Spielbegriff der Organisationssoziologen Crozier und Friedberg (1993) aufgewertet, welcher die Möglichkeit mit sich bringt, die Vorteile von System- und Akteurstheorie zu verbinden. Der von Crozier/Friedberg verwendete Analyserahmen zur Analyse von Spielen in Organisationen wird weitgehend übernommen, jedoch um den neuen Begriff des Spielzuges erweitert. Im Rahmen der Arbeit werden zwei im Feld vorgefundene potentielle Konfliktbereiche innerhalb der Zusammenarbeit von ÄrztInnen und Krankenpflegepersonal als Spiele genau (re)konstruiert: Das Spiel “unerfahrene/r Turnusarzt/ärztin und erfahrene/r Krankenschwester/Pfleger im Ambulanzdienst” und das Spiel “Medikamentenvergabe im Nachtdienst.” Diese Spiele werden akribisch anhand deren formalen wie informellen Spielregeln und den im Feld vorgefundenen Strategien, welche von beobachteten Spielzügen abgeleitet werden, (re)konstruiert. Im Gegensatz zu us-amerikanischen und nordischen Debatten, die auf Grund veränderter Kontextbedingungen von einem Ende des indirekt-manipulativen Doctor-Nurse- Game sprechen, legen Ergebnisse
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dieser österreichischen Studie nahe, dass das vor über 50 Jahren von Stein (1967) formulierte Doctor- Nurse- Game noch immer gespielt wird, sofern PatientInnen als spielstrukturierende Umwelt anwesend sind.
This dissertation is a case study that analyzes interprofessional collaboration of nurses and doctors in the hospital setting. The empirical basis of this study
is a six-month participant observation at an internal medicine department in an Austrian public hospital. In the role of a medical student (Famulantin), who carries out her compulsory traineeship at an hospital, the author had the opportunity to observe the daily routines of nurses and doctors at different wards of the internal medicine department. In addition eleven one- to three-hour narrative interviews with doctors and nurses were carried out in the setting. The interprofessional collaboration of nurses and doctors in this study is analyzed by using a modernized, sociologically adapted game concept that enables the (re)construction of potential areas of conflict between doctors and nurses.The game concept picks up on the Doctor-Nurse-Game metaphor that was coined by Stein (1967) which describes an indirect manipulative game between nurses and doctors where nurses could only make recommentations concerning treatment very indirectly and those recommentations had to appear as if they were initiated by the doctors. The Doctor-Nurse-Game metaphor, though well received in the scientific community, is theoretically quite unambitious. This lack of theoretical claim of the game concept of Stein (1967) is upgraded in this study with the theoretical game concept of the organizational sociologists Crozier/Friedberg (1993), who claim to combine the advantages of system and actor theory within the concept of the game. For this study the analytical framework of Crozier/Friedberg (1993) for the analysis of games in organizations is used and slightly modified by introducing the term of the „move“. On the basis of the empirical findings two potential areas of conflict between doctors and nurses are analyzed with the help oft the game concept: The game "inexperienced doctor and experienced nurse in the ambulance service" and the game "drug administration during the night shift". These games are (re)constructed meticulously based on their formal and informal rules of the game and the different strategies, which are derived from observed moves. In contrast to us-american and nordic debates, that postulate due to altered conditions the end of the indirect- manipulative Doctor- Nurse- Game, results of this Austrian study suggest that the indirect- manipulative Doctor- Nurse- Game, that was formulated by Stein (1967) about fifty years ago, is still played, provided that patients are present as gametexturing environment.