Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Kamaiya-System, einem traditionellen nepalesischen Arbeitsverhältnis, das eine Form der Schuldknechtschaft darstellt. Erst in den letzten beiden Dekaden setzen sich Wissenschaftler und Organisationen vermehrt mit dem Thema auseinander. Dabei wird es aus menschenrechtlicher Sicht meist aufs Gröbste verurteilt und in vielen Fällen sogar als Sklaverei bezeichnet, ohne zu berücksichtigen, dass es sich bei Kamaiya um eine alt bewährte Arbeitsform handelt, die seit Generationen praktiziert wird und im Laufe der Zeit gewissen Veränderungen unterlegen ist. Problematisch dabei ist, dass diese Praxis nicht, ohne Beachtung der historisch gewachsenen Strukturen und der Kultur vor Ort, als Sklaverei und Verletzung gegen die Menschenrechte verurteilt werden kann.
Aus diesem Grund stellen die Menschenrechte, ihre Entwicklung und universelle Anwendbarkeit in unterschiedlichen kulturellen Kontexten, den Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit dar. Als Lösungsvorschlag wird hier die Anwendung sogenannter Basisrechte, die den Kern der Menschenrechte darstellen und weltweite Gültigkeit besitzen, vorgeschlagen. Erst in ihrer Umsetzung in verschiedenen Regionen sollen sie ausgeformt werden und dem jeweiligen kulturellen Kontext angepasst werden.
Als theoretische Grundlage wird Kevin Bales Konzept der „Neuen Sklaverei“ vorgestellt. Der amerikanische Anthropologe will auf die Aktualität von Sklaverei aufmerksam machen und stellt einen breiten Ansatz vor, aktuelle Ausbeutungsverhältnisse näher zu betrachten. Laut Bales waren Gegebenheit des vergangenen Jahrhunderts, wie enormes Bevölkerungswachstum, große wirtschaftliche und soziale Veränderungen und Korruption, die Hauptfaktoren für die Entstehung neuer Formen von Sklaverei die von traditionellen Ausprägungen zu unterscheiden sind. Die gängigsten Arten aktueller Sklaverei sind demnach Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft und Vertragssklaverei. Ergänzend zu Bales globaler Theorie wird James Watsons Modell vorgestellt, der zwischen „offenen“ und „geschlossenen Sklavereisystemen“ unterscheidet, mithilfe derer es einfacher ist, auf einzelne Kulturräume einzugehen.
Im Hauptteil wird schließlich das Kamaiya-System untersucht, um festzustellen, ob es sich über die Zeit hinweg von einem traditionellen Arbeitsverhältnis zu einer Art der Sklaverei entwickelt hat und welche Kräfte diese Veränderung bewirkt haben. Dazu wird die Volksgruppe der Tharu und deren Lebensraum vorgestellt sowie ausführlich auf die historischen Entwicklungen eingegangen, um schlussendlich auf die moderne Ausprägung des Kamaiya einzugehen. Auch staatliche und politische Gegeninitiativen werden vorgestellt, die im Jahr 2000 zu einem Verbot von Kamaiya geführt haben. Abschließend wird auf die aktuellen Verhältnisse ehemaliger Betroffener eingegangen.
Auf Basis der präsentierten Theorie wird im Fazit darauf eingegangen, ob es sich beim Kamaiya-System nun um Sklaverei handelt oder nicht. Hier wird auf die Forschungsfrage der Arbeit beantwortet sowie die aufgestellten Thesen behandelt.
This diploma thesis deals with the Kamaiya-system, a traditional nepalese labor relationship which represents a form of bonded labor. In the last few decades more and more scientists and organizations deal with this topic. From a human rights point of view it is identified as inhuman and most of the time labeled as a form of slavery. In doing so, the majority do not respect the historical background of the Kamaiya-system that is not a new phenomenon, but a long standing tradition that over the time was modified. So it is important to recognize the historical and social structures in Nepal to discuss the issue.
Human rights and their universal use in different cultures are an essential point for the thesis. Therefore, the first part is about the development of these rights and the actual discussion around them. The favored solution lies in the concept of “basic human rights”, which focuses on some universal core rights as a foundation. Locally they have to be molded to fit into different regions and cultures.
The theoretical framework for the analysis deals with Kevin Bales approach on “New Slavery”. Bales's aim is, to keep people in mind that slavery didn't end in the past but is still existing. Events in the last century like the fast population growth, rapid economic and social changes as well as corruption, are the main factors for the increase in contemporary slavery. Nowadays it popular modes are serfdom, debt bondage and contract slavery. It is important to differ between old and new forms of slavery. To complete the discussion on slavery James Watson's scheme on slavery would be presented. In his opinion it is helpful to distinguish between “open” and “closes systems of slavery” in order to analyze different cultures.
The main part of the thesis focuses on the research of the Kamaiya-system in a historical perspective to analyze if it had changed from a traditional working condition to a form of “new slavery”. The first step is to introduce the Tharu, the ethnical group which practice this tradition, and their living environment. Then, particular attention will be paid to historical developments of the ruling classes and the land tenure. Their changes had effected the Kamaiya-system insofar that in modern times a completely different mode is prevalent. Therefore, this new style, counteractive measures and some recent events would be described.
The conclusion represents the combination of the presented theory and the historical background information, which allows to answer if the Kamaiya-system is nowadays a form of “New Slavery” or another form of exploitation.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Kamaiya-System, einem traditionellen nepalesischen Arbeitsverhältnis, das eine Form der Schuldknechtschaft darstellt. Erst in den letzten beiden Dekaden setzen sich Wissenschaftler und Organisationen vermehrt mit dem Thema auseinander. Dabei wird es aus menschenrechtlicher Sicht meist aufs Gröbste verurteilt und in vielen Fällen sogar als Sklaverei bezeichnet, ohne zu berücksichtigen, dass es sich bei Kamaiya um eine alt bewährte Arbeitsform handelt, die seit Generationen praktiziert wird und im Laufe der Zeit gewissen Veränderungen unterlegen ist. Problematisch dabei ist, dass diese Praxis nicht, ohne Beachtung der historisch gewachsenen Strukturen und der Kultur vor Ort, als Sklaverei und Verletzung gegen die Menschenrechte verurteilt werden kann.
Aus diesem Grund stellen die Menschenrechte, ihre Entwicklung und universelle Anwendbarkeit in unterschiedlichen kulturellen Kontexten, den Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit dar. Als Lösungsvorschlag wird hier die Anwendung sogenannter Basisrechte, die den Kern der Menschenrechte darstellen und weltweite Gültigkeit besitzen, vorgeschlagen. Erst in ihrer Umsetzung in verschiedenen Regionen sollen sie ausgeformt werden und dem jeweiligen kulturellen Kontext angepasst werden.
Als theoretische Grundlage wird Kevin Bales Konzept der „Neuen Sklaverei“ vorgestellt. Der amerikanische Anthropologe will auf die Aktualität von Sklaverei aufmerksam machen und stellt einen breiten Ansatz vor, aktuelle Ausbeutungsverhältnisse näher zu betrachten. Laut Bales waren Gegebenheit des vergangenen Jahrhunderts, wie enormes Bevölkerungswachstum, große wirtschaftliche und soziale Veränderungen und Korruption, die Hauptfaktoren für die Entstehung neuer Formen von Sklaverei die von traditionellen Ausprägungen zu unterscheiden sind. Die gängigsten Arten aktueller Sklaverei sind demnach Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft und Vertragssklaverei. Ergänzend zu Bales globaler Theorie wird James Watsons Modell vorgestellt, der zwischen „offenen“ und „geschlossenen Sklavereisystemen“ unterscheidet, mithilfe derer es einfacher ist, auf einzelne Kulturräume einzugehen.
Im Hauptteil wird schließlich das Kamaiya-System untersucht, um festzustellen, ob es sich über die Zeit hinweg von einem traditionellen Arbeitsverhältnis zu einer Art der Sklaverei entwickelt hat und welche Kräfte diese Veränderung bewirkt haben. Dazu wird die Volksgruppe der Tharu und deren Lebensraum vorgestellt sowie ausführlich auf die historischen Entwicklungen eingegangen, um schlussendlich auf die moderne Ausprägung des Kamaiya einzugehen. Auch staatliche und politische Gegeninitiativen werden vorgestellt, die im Jahr 2000 zu einem Verbot von Kamaiya geführt haben. Abschließend wird auf die aktuellen Verhältnisse ehemaliger Betroffener eingegangen.
Auf Basis der präsentierten Theorie wird im Fazit darauf eingegangen, ob es sich beim Kamaiya-System nun um Sklaverei handelt oder nicht. Hier wird auf die Forschungsfrage der Arbeit beantwortet sowie die aufgestellten Thesen behandelt.
This diploma thesis deals with the Kamaiya-system, a traditional nepalese labor relationship which represents a form of bonded labor. In the last few decades more and more scientists and organizations deal with this topic. From a human rights point of view it is identified as inhuman and most of the time labeled as a form of slavery. In doing so, the majority do not respect the historical background of the Kamaiya-system that is not a new phenomenon, but a long standing tradition that over the time was modified. So it is important to recognize the historical and social structures in Nepal to discuss the issue.
Human rights and their universal use in different cultures are an essential point for the thesis. Therefore, the first part is about the development of these rights and the actual discussion around them. The favored solution lies in the concept of “basic human rights”, which focuses on some universal core rights as a foundation. Locally they have to be molded to fit into different regions and cultures.
The theoretical framework for the analysis deals with Kevin Bales approach on “New Slavery”. Bales's aim is, to keep people in mind that slavery didn't end in the past but is still existing. Events in the last century like the fast population growth, rapid economic and social changes as well as corruption, are the main factors for the increase in contemporary slavery. Nowadays it popular modes are serfdom, debt bondage and contract slavery. It is important to differ between old and new forms of slavery. To complete the discussion on slavery James Watson's scheme on slavery would be presented. In his opinion it is helpful to distinguish between “open” and “closes systems of slavery” in order to analyze different cultures.
The main part of the thesis focuses on the research of the Kamaiya-system in a historical perspective to analyze if it had changed from a traditional working condition to a form of “new slavery”. The first step is to introduce the Tharu, the ethnical group which practice this tradition, and their living environment. Then, particular attention will be paid to historical developments of the ruling classes and the land tenure. Their changes had effected the Kamaiya-system insofar that in modern times a completely different mode is prevalent. Therefore, this new style, counteractive measures and some recent events would be described.
The conclusion represents the combination of the presented theory and the historical background information, which allows to answer if the Kamaiya-system is nowadays a form of “New Slavery” or another form of exploitation.