Abstract (deu)
Verfassungsreformen sind ein idealtypisches Beispiel für die enge Verwobenheit von Politik und Recht. Sie greifen in die höchste Ebene des je nationalen Stufenbaus der Rechtsordnung ein und verändern so gesetzliche Bestimmungen, an denen sich nachgeordnete Normen orientieren müssen oder im Anlassfall sogar aufgehoben werden.
Dieser Vorgang kann jedoch nur vollständig erfasst werden, wenn man seine politischen Implikationen nicht vernachlässigt. Verfassungsreformen vollziehen sich über einen politischen Willensbildungsprozess und erfordern somit eine Beschlussfassung des Gesetzgebers. In dieser Arbeit wird untersucht, inwieweit Regierungen als maßgebliche Komponente in der Herbeiführung von Reformen politischen Profit daraus zu ziehen versuchen.
Angenommen wird, dass sich die Nutzbarmachung von Änderungen an der Verfassung durch regierungspolitisches Kalkül bestätigt und zugleich keine wesentlichen Differenzen zwischen einem Staat mit hoher Entwicklung und einem mit niederer festzustellen sind. Als Fallbeispiele für die Untersuchung regierungspolitischer Vorteilsnahme und den angestrebten Vergleich dienen Österreich und Tansania.
Die durchgeführten Analysen führen zum Ergebnis, dass sowohl Initiativsetzungen zu Verfassungsreformagenden als auch deren Inhalt häufig mit regierungspolitischem Kalkül durchsetzt sind. Dabei lassen sich Differenzen in den angewandten Praktiken und Strategien feststellen, jedoch keinerlei Hinweise auf eine Abhängigkeit zum Entwicklungsgrad des jeweiligen Landes treffen. Konkret kann dies für Österreich und Tansania bestätigt werden; beide Staaten erlauben Rückschlüsse auf regierungspolitische Versuche der Vorteilsnahme bei Verfassungsreformen. Daraus entsteht die Konsequenz mit verstärkter Sensibilisierung und Vorbehalten von Entwicklungsindizes bei tiefgehender politikwissenschaftlicher Forschung Gebrauch zu machen, die für den hier untersuchten Gegenstand ein verzerrtes Bild liefern.
Letztendlich kann (a) ein Zusammenhang zwischen Demokratie und Entwicklung in Bezug auf regierungspolitische Einflussnahme bei Verfassungsreformen widerlegt und (b) ein sehr ähnliches Bild für Österreich und Tansania nachgewiesen werden.