Seit Beginn des Films war dieser eng mit der Wirtschaft verknüpft, diese Verbindung beruht auf dem wirtschaftlichen Grundprinzip von Angebot und Nachfrage. Heutzutage findet man zahlreiche Internetseiten, die sich den Einspielergebnissen und dem Erfolg einzelner Filme widmen und diese Daten genauestens erheben. Diese Daten spiegeln unwillkürlich Bedürfnisse des Publikums wider und lassen folglich in Verbindung mit tagesaktuellen sowie historischen Ereignissen Rückschlüsse auf die jeweilige Bevölkerung zu. Allerdings gibt es diese Statistiken noch nicht seit Anbeginn des Films und wenn doch, so nur für vereinzelte Städte und Jahre.
Als Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit wurde daher die Entscheidung getroffen, für das Jahr 1938 zwei nachträgliche Filmerfolgsranglisten zu erstellen; bei den Standorten fiel die Wahl auf die beiden Städte Wien und Berlin. Das Jahr 1938 als zu untersuchendes Jahr bot sich an, da es bislang zu diesem Jahr weder für Wien noch für Berlin eine aussagekräftige Filmerfolgsrangliste gab. Wien als zu untersuchende Stadt bot sich an, da diese Diplomarbeit für den Abschluss an der Universität Wien verfasst wird. Die Entscheidung für Berlin, die Hauptstadt des Dritten Reiches, als zu vergleichende Stadt zu wählen, war ebenfalls schnell getroffen: Das Interesse daran, ob und wie sich die von der Einwohnerzahl her größte Stadt von der Flächenausdehnung her größten Stadt des Deutschen Reiches unterscheidet, wo gegebenenfalls Gemeinsamkeiten vorliegen und wie die Ergebnisse der Datenrecherche interpretiert werden können, war hierfür ausschlaggebend.
Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit geht es zunächst darum, bereits bestehende, primäre Erfolgsranglisten aus dem Jahr 1938 zu betrachten und auf deren Validität zu überprüfen. Im Anschluss daran wird auf John Sedgwicks Methode aus seinem Aufsatz „Measuring Film Popularity“ eingegangen, wie man nachträglich an Hand von Primärdaten eine Filmerfolgsrangliste erstellen kann. Für die Erstellung der beiden Filmerfolgsranglisten, die dieser Arbeit zu Grunde liegen, wurde eine verkürzte Fassung von Sedgwicks „POPSTAT- Score“ verwendet, für die lediglich zwei (bei Sedgwick vier) Faktoren benötigt werden: die Anzahl der Sitzplätze der einzelnen Kinos einerseits sowie deren Programmschaltungen in den Tageszeitungen bzw. wöchentlichen Filmzeitschriften. Eine ausführliche Darlegung der eigenen Vorgehensweise und dabei aufgetretenen Probleme sowie Besonderheiten runden den empirischen Teil dieser Arbeit ab.
Nach einem allgemeinen Überblick der Auswertung der Listen für Wien und Berlin werden im zweiten Teil der Arbeit zunächst die Ergebnisse und Statistiken für das Gesamtangebot und die Nachfrage für Wien und Berlin präsentiert. Im Anschluss daran wird überprüft, inwiefern die Grundaussage verschiedenster Filmhistoriker (allen voran Kristin Thompson) auf Wien und Berlin im Jahre 1938 zutrifft, Filme aus Hollywood würden spätestens seit den 1920er Jahren den europäischen Markt dominieren. Dieser Teil stützt sich im Wesentlichen auf Forschungen von Joseph Garncarz, Petr Szczepanik und Clara Pafort-Overduin (Wissenschaftler, die sich mit dem so genannten „Standardmodell“ kritisch auseinandersetzen) und vergleicht diese Ergebnisse mit den eigens für diese Arbeit erstellten Listen. Eine Dominanz von US- amerikanischen Filmen konnte in der vorliegenden Arbeit nicht festgestellt werden, vielmehr kommt man zu der Erkenntnis, dass sowohl das Wiener als auch das Berliner Kinopublikum im Jahre 1938 Filme aus Österreich und Deutschland denen anderer Länder mit Abstand bevorzugten.
Ein genauerer Blick auf die Top 30 der jeweiligen Stadt führt zu der Erkenntnis, dass das Wiener Kinopublikum unter den deutschen Filmproduktionen eine klare Präferenz für Filme mit einem Bezug zur österreichischen Kultur hatte. Unter den 30 beliebtesten Filmen in Berlin findet sich – neben einer eindeutigen Präferenz für Produktionen aus Deutschland – eine Vorliebe für österreichische Filme sowie US-amerikanische Produktionen, die meist einen Bezug zur europäischen Kultur aufweisen.
Schlussendlich wurden die Filmerfolgsranglisten aus Wien und Berlin mit bereits erstellten Listen aus Frankreich und Prag aus dem Jahr 1938 verglichen. Hier kommt man zu der Erkenntnis, dass eine Übereinstimmung zwischen Wien und Berlin auf europäischer Ebene sonst nicht zu finden ist, was darauf schließen lässt, dass Österreich und Deutschland 1938 (oder zumindest Wien und Berlin) auf mehreren Ebenen fest miteinander verbunden waren.
Dieser Diplomarbeit liegt eine CD-ROM mit den erstellten Filmerfolgsranglisten sowie dazu verwendeten Daten bei.
Ever since the early years of film, film industry and economy have been closely linked. This link is based mainly on the economic principle of supply and demand. Nowadays, you will find numerous websites on the internet, dedicated to box-office takings and the success of single films. In times of digitalisation, the popularity of films can be measured down to every single ticket sold for every single screening in every single cinema. This data involuntarily reflects the needs of the audience in general and thus, in combination with topical and historical events, allows to draw conclusions to the respective population. However, this evaluation of numbers was not considered as a necessity in the early years of film and if so, they were only done for selected cities and years.
As a starting point of this paper, the decision was taken to create two subsequent lists on film popularity in 1938: one for Vienna, the other one for Berlin. The year 1938 was chosen for the investigation as no instructive list existed so far, neither for Vienna nor for Berlin. Since it is the University of Vienna where this paper is handed in, Vienna offered itself to be a good choice for one of the two cities to be investigated. As a counterpart, Berlin, the capital of the Third Reich, was chosen: the questions how the largest city in terms of population differs from the (later) largest city in terms of surface area, where those two find common ground and how all this is to be construed, were crucial for the process of this decision.
The first part of this paper sets out to look at primary film hit lists and to test their validity. Subsequently, John Sedgwick's method on how to construct a supplementary film hit list by means of primary data from his paper “Measuring Film Popularity“ will be explained and adapted. To obtain the film hit lists for this thesis, a shorter version of Sedgwick's “POPSTAT-Score“ was derived. Only two of the four factors Sedgwick refers to are relevant in this case: the seating capacity of each cinema on the one hand and the length of time the film was booked in each cinema on the other hand. An extensive explanation of the procedure used and consequential problems as well as characteristics sum up the empirical part of this paper.
After a general overview of the calculated results, the second part of this paper at first presents the results and statistics of the overall supply and demand of films in Vienna and Berlin. This is followed by an examination on how the basic statement made by different film historians (particularly Kristin Thompson) that films from Hollywood have dominated the European market since the 1920s is applicable to Vienna and Berlin in 1938. This section is mainly based upon recent studies from Joseph Garncarz, Petr Szczepanik and Clara Pafort- Overduin (film scholars that deal with the so-called “Standardmodell“ in a critical manner) and compares their results with those obtained from the lists that were produced for this paper. A dominance of US-American films however could not be determined. In fact, it becomes obvious that both the Viennese and the Berlin audiences in 1938 preferred films from Austria and Germany to those from any other country.
Scrutinising the top 30 films of the particular city shows that among all offered German film productions, the Viennese audience clearly preferred films with an obvious reference to Austrian culture. Among the top 30 films in Berlin – besides a distinct preference for German productions – there is a definite preference for Austrian films as well as US-American productions, usually with a strong relation to European culture and history.
Ultimately, the top 30 films from Vienna and Berlin are compared to top 30 lists from France and Prague from 1938. This comparison shows that Vienna and Berlin have a 50% accordance, a percentage that no other combination of top 30 lists achieved. The proposition is at hand that Austria and Germany on many levels are closely linked to each other.
Seit Beginn des Films war dieser eng mit der Wirtschaft verknüpft, diese Verbindung beruht auf dem wirtschaftlichen Grundprinzip von Angebot und Nachfrage. Heutzutage findet man zahlreiche Internetseiten, die sich den Einspielergebnissen und dem Erfolg einzelner Filme widmen und diese Daten genauestens erheben. Diese Daten spiegeln unwillkürlich Bedürfnisse des Publikums wider und lassen folglich in Verbindung mit tagesaktuellen sowie historischen Ereignissen Rückschlüsse auf die jeweilige Bevölkerung zu. Allerdings gibt es diese Statistiken noch nicht seit Anbeginn des Films und wenn doch, so nur für vereinzelte Städte und Jahre.
Als Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit wurde daher die Entscheidung getroffen, für das Jahr 1938 zwei nachträgliche Filmerfolgsranglisten zu erstellen; bei den Standorten fiel die Wahl auf die beiden Städte Wien und Berlin. Das Jahr 1938 als zu untersuchendes Jahr bot sich an, da es bislang zu diesem Jahr weder für Wien noch für Berlin eine aussagekräftige Filmerfolgsrangliste gab. Wien als zu untersuchende Stadt bot sich an, da diese Diplomarbeit für den Abschluss an der Universität Wien verfasst wird. Die Entscheidung für Berlin, die Hauptstadt des Dritten Reiches, als zu vergleichende Stadt zu wählen, war ebenfalls schnell getroffen: Das Interesse daran, ob und wie sich die von der Einwohnerzahl her größte Stadt von der Flächenausdehnung her größten Stadt des Deutschen Reiches unterscheidet, wo gegebenenfalls Gemeinsamkeiten vorliegen und wie die Ergebnisse der Datenrecherche interpretiert werden können, war hierfür ausschlaggebend.
Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit geht es zunächst darum, bereits bestehende, primäre Erfolgsranglisten aus dem Jahr 1938 zu betrachten und auf deren Validität zu überprüfen. Im Anschluss daran wird auf John Sedgwicks Methode aus seinem Aufsatz „Measuring Film Popularity“ eingegangen, wie man nachträglich an Hand von Primärdaten eine Filmerfolgsrangliste erstellen kann. Für die Erstellung der beiden Filmerfolgsranglisten, die dieser Arbeit zu Grunde liegen, wurde eine verkürzte Fassung von Sedgwicks „POPSTAT- Score“ verwendet, für die lediglich zwei (bei Sedgwick vier) Faktoren benötigt werden: die Anzahl der Sitzplätze der einzelnen Kinos einerseits sowie deren Programmschaltungen in den Tageszeitungen bzw. wöchentlichen Filmzeitschriften. Eine ausführliche Darlegung der eigenen Vorgehensweise und dabei aufgetretenen Probleme sowie Besonderheiten runden den empirischen Teil dieser Arbeit ab.
Nach einem allgemeinen Überblick der Auswertung der Listen für Wien und Berlin werden im zweiten Teil der Arbeit zunächst die Ergebnisse und Statistiken für das Gesamtangebot und die Nachfrage für Wien und Berlin präsentiert. Im Anschluss daran wird überprüft, inwiefern die Grundaussage verschiedenster Filmhistoriker (allen voran Kristin Thompson) auf Wien und Berlin im Jahre 1938 zutrifft, Filme aus Hollywood würden spätestens seit den 1920er Jahren den europäischen Markt dominieren. Dieser Teil stützt sich im Wesentlichen auf Forschungen von Joseph Garncarz, Petr Szczepanik und Clara Pafort-Overduin (Wissenschaftler, die sich mit dem so genannten „Standardmodell“ kritisch auseinandersetzen) und vergleicht diese Ergebnisse mit den eigens für diese Arbeit erstellten Listen. Eine Dominanz von US- amerikanischen Filmen konnte in der vorliegenden Arbeit nicht festgestellt werden, vielmehr kommt man zu der Erkenntnis, dass sowohl das Wiener als auch das Berliner Kinopublikum im Jahre 1938 Filme aus Österreich und Deutschland denen anderer Länder mit Abstand bevorzugten.
Ein genauerer Blick auf die Top 30 der jeweiligen Stadt führt zu der Erkenntnis, dass das Wiener Kinopublikum unter den deutschen Filmproduktionen eine klare Präferenz für Filme mit einem Bezug zur österreichischen Kultur hatte. Unter den 30 beliebtesten Filmen in Berlin findet sich – neben einer eindeutigen Präferenz für Produktionen aus Deutschland – eine Vorliebe für österreichische Filme sowie US-amerikanische Produktionen, die meist einen Bezug zur europäischen Kultur aufweisen.
Schlussendlich wurden die Filmerfolgsranglisten aus Wien und Berlin mit bereits erstellten Listen aus Frankreich und Prag aus dem Jahr 1938 verglichen. Hier kommt man zu der Erkenntnis, dass eine Übereinstimmung zwischen Wien und Berlin auf europäischer Ebene sonst nicht zu finden ist, was darauf schließen lässt, dass Österreich und Deutschland 1938 (oder zumindest Wien und Berlin) auf mehreren Ebenen fest miteinander verbunden waren.
Dieser Diplomarbeit liegt eine CD-ROM mit den erstellten Filmerfolgsranglisten sowie dazu verwendeten Daten bei.
Ever since the early years of film, film industry and economy have been closely linked. This link is based mainly on the economic principle of supply and demand. Nowadays, you will find numerous websites on the internet, dedicated to box-office takings and the success of single films. In times of digitalisation, the popularity of films can be measured down to every single ticket sold for every single screening in every single cinema. This data involuntarily reflects the needs of the audience in general and thus, in combination with topical and historical events, allows to draw conclusions to the respective population. However, this evaluation of numbers was not considered as a necessity in the early years of film and if so, they were only done for selected cities and years.
As a starting point of this paper, the decision was taken to create two subsequent lists on film popularity in 1938: one for Vienna, the other one for Berlin. The year 1938 was chosen for the investigation as no instructive list existed so far, neither for Vienna nor for Berlin. Since it is the University of Vienna where this paper is handed in, Vienna offered itself to be a good choice for one of the two cities to be investigated. As a counterpart, Berlin, the capital of the Third Reich, was chosen: the questions how the largest city in terms of population differs from the (later) largest city in terms of surface area, where those two find common ground and how all this is to be construed, were crucial for the process of this decision.
The first part of this paper sets out to look at primary film hit lists and to test their validity. Subsequently, John Sedgwick's method on how to construct a supplementary film hit list by means of primary data from his paper “Measuring Film Popularity“ will be explained and adapted. To obtain the film hit lists for this thesis, a shorter version of Sedgwick's “POPSTAT-Score“ was derived. Only two of the four factors Sedgwick refers to are relevant in this case: the seating capacity of each cinema on the one hand and the length of time the film was booked in each cinema on the other hand. An extensive explanation of the procedure used and consequential problems as well as characteristics sum up the empirical part of this paper.
After a general overview of the calculated results, the second part of this paper at first presents the results and statistics of the overall supply and demand of films in Vienna and Berlin. This is followed by an examination on how the basic statement made by different film historians (particularly Kristin Thompson) that films from Hollywood have dominated the European market since the 1920s is applicable to Vienna and Berlin in 1938. This section is mainly based upon recent studies from Joseph Garncarz, Petr Szczepanik and Clara Pafort- Overduin (film scholars that deal with the so-called “Standardmodell“ in a critical manner) and compares their results with those obtained from the lists that were produced for this paper. A dominance of US-American films however could not be determined. In fact, it becomes obvious that both the Viennese and the Berlin audiences in 1938 preferred films from Austria and Germany to those from any other country.
Scrutinising the top 30 films of the particular city shows that among all offered German film productions, the Viennese audience clearly preferred films with an obvious reference to Austrian culture. Among the top 30 films in Berlin – besides a distinct preference for German productions – there is a definite preference for Austrian films as well as US-American productions, usually with a strong relation to European culture and history.
Ultimately, the top 30 films from Vienna and Berlin are compared to top 30 lists from France and Prague from 1938. This comparison shows that Vienna and Berlin have a 50% accordance, a percentage that no other combination of top 30 lists achieved. The proposition is at hand that Austria and Germany on many levels are closely linked to each other.