Abstract (deu)
Seit über vier Jahrzenten spielen Anthracycline eine führende Rolle bei der Behandlung solider und hämatologischer Malignome und bilden nach wie vor die Basis der meisten Chemotherapie-Schemata. Obwohl mittlerweile die dritte Generation an Anthracyclinen den Markt erreicht hat, sind die verfügbaren Substanzen, vor allem wegen ihrer dosislimitierenden Nebenwirkungen, stark verbesserungswürdig. Ziel dieser Dissertation war die Modifikation von therapeutisch relevanten Anthracyclinen im Hinblick auf ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften, insbesondere hinsichtlich ihres hydrophilen-lipophilen Gleichgewichts (HLB). Gezielte Strukturmodifikationen wurden vorgenommen, um ihre pharmakokinetischen Eigenschaften zu modulieren und ihre therapeutische Wirksamkeit zu erhöhen. Polyethylenglykol (PEG) ist ein weit verbreitetes amphiphiles Polymer, welches dafür bekannt ist, die in vivo Wirksamkeit vorwiegend von biologischen Makromolekülen zu verbessern. In der vorliegenden Arbeit verwendeten wir das neue Konzept einer kurzen linearen Methoxy-Oligoethylenglycolkette (mOEG) als kovalenten Modifikator bei den beiden etablierten Anthracyclinen Daunorubicin und Doxorubicin. Kristallographische Daten zur Arzneistoff-Rezeptor-Interaktion verschiedener Anthracycline und die Tatsache, dass die Toleranz bezüglich Strukturmodifikationen im Zuckerteil relativ hoch ist, waren die Grundlage für ein strukturbasiertes Wirkstoffdesign, bei welchem die strukturellen Veränderungen ausschließlich an der 6'-Position des Zuckerteils vorgenommen wurden. Zu diesem Zweck wurde eine neue Totalsynthese für 6'-methoxy-oligoethylenglycol-daunosamin entwickelt. Ausgehend von kommerziell erhältlicher (2R,3R)-Weinsäure konnte in 13 Stufen 6'-methoxy-oligoethylenglycol-daunosamin mit angemessener Ausbeute synthetisiert werden. Anschließende Glycosylierung mit Daunorubicinon und Doxorubicinon, gefolgt von schrittweiser Abspaltung der Schutzgruppen, resultierte in den zwei neuen Anthracyclin-Derivaten Msoep218 und Msoep260 mit bemerkenswerten amphiphilen Eigenschaften. Zur Evaluierung der pharmakodynamischen Eigenschaften der neu synthetisierten Substanzen wurde als erster Schritt ihre Zytotoxizität gegenüber der humanen Brustkrebszelllinie MCF-7 getestet. Die mittels Zellproliferation- und Zytoxizitätstests erhobenen Daten zeigten, dass die modifizierten Anthracycline ihre Aktivität beibehielten. Obwohl eine geringere in vitro Aktivität als bei Doxorubicin gemessen wurde, waren Msoep218 und Msoep260 dennoch signifikant zytotoxisch, vergleichbar mit anderen therapeutisch eingesetzten Anthracyclinen. Im Vergleich zu Doxorubicin zeigten weitere Untersuchungen eine reduzierte Zellaufnahme, die für die geringere Zytotoxizität verantwortlich zu sein scheint. Eine experimentelle Studie mit Msoep218 zum Einfluss ABC-Transporter-vermittelter Resistenzen auf die Zytotoxizität zeigte, dass Msoep218 – so wie die Vergleichswirkstoffe – Substrat für ABC-Transporter vermittelten Efflux ist.