Abstract (deu)
Die vorliegende Dissertation „Männliche und weibliche Dienstboten vor Gericht in der landesfürstlichen Stadt Eggenburg im Zeitraum von 1700 bis 1750“ untersucht die rechtliche Situation einer Berufsgruppe – derjenigen der männlichen und weiblichen Dienstboten. Basis dieser Forschungsarbeit bilden die frühneuzeitlichen Gerichtsakten des Landgerichts Eggenburg, heute im Stadtarchiv Eggenburg verwahrt. Sie bilden jene Quellen, mit denen die Handlungsstrategien der angeklagten Dienstboten vor Gericht untersucht und analysiert werden konnten. Im Fokus der Arbeit stehen männliche und weibliche Dienstboten, ihr Agieren und Taktieren, ihr Handeln und Denken in einem Gerichtsprozess. Dementsprechend war die zentrale Fragestellung dieser Arbeit, ob es eine unterschiedliche Behandlung vor Gericht von männlichen und weiblichen Angeklagten gegeben hat. Weiters wird gezeigt, welche Auswirkungen das in der Strafrechtsgrundlage gesetzlich festgelegte Procedere vor Gericht hatte und inwiefern es den Ausgang eines Prozessgeschehens für oder gegen den /die Angeklagte/n beeinträchtigen konnte.
Die methodisch durchgeführte Analyse der unterschiedlichen Gerichtsverfahren erlaubte trotz fragmentarisch vorhandener Quellenlage eine zum Großteil rekonstruierbare Lebenswelt der eggenburgischen Dienstboten. Die Darstellung der divergierenden Denk- und Handlungsstrategien kann in groben Zügen aus dem Quellenkorpus, vor allem den aussagekräftigen Verhörprotokollen, den Zeugenaussagen sowie den Befragungen nachgezeichnet werden. In diesem Zusammenhang werden die gerichtlichen Strukturen der Stadt, der Aufbau und die Organisation des Gerichtswesens und die Funktionen des Magistrats vorgestellt. Das Gerichtsverfahren, von der ersten Anklageschrift bis zur Urteilsverkündung und Vollstreckung, gibt Zeugnis von der prekären Lage der angeklagten Dienstboten und der Machtstellung des Gerichts.
Den Hauptteil bilden die Fallstudien, wobei die unterschiedlichen Delikte fallspezifischen „Deliktfeldern“ zugeordnet wurden. Die Eingrenzung von Zeit (1700−1750) und Raum (Eggenburg) ermöglichte zudem einen tiefschürfenden mikrohistorischen Zugang, die Situation zwischen Stadt- und Landgericht, zwischen den Mitgliedern des Magistrats und den Angeklagten anhand der damals gültigen städtischen Rahmenbedingungen nachzeichnend.
Das abschließende Kapitel befasst sich mit den „Zukunftsperspektiven“ von Dienstboten, die meist wegen eines zu geringen Einkommens bei voller Arbeitsleistung nur eingeschränkte Handlungsoptionen aufweisen konnten.