Abstract (deu)
Die Erbschaftssteuer ist eines der meist diskutierten steuerpolitischen Themen in Österreich. Seit der Abschaffung im Jahr 2008 wird über das Für und Wider einer Wiedereinführung debattiert, aktuell (Sommer 2014) bekommt die Diskussion durch die geplante Steuerreform neuen Zündstoff. Dabei stehen sich zwei grundlegende, entgegengesetzte Sichtweisen gegenüber. Einerseits wird die Besteuerung von Erbschaften als ungerechtfertigter Eingriff des Staates in Familienangelegenheiten angesehen und eine Verletzung des Freiheitsrechts wahrgenommen, das persönliches Eigentum und das Erbrecht gewährleistet. Andererseits könnte einer zunehmenden Vermögenskonzentration entgegenwirkt und mehr Chancengleichheit in der Gesellschaft hergestellt werden, wenn Personen, die das Privileg eines plötzlichen Vermögenszuwachses durch einen Erbfall haben, einen Teil an den Staat und somit zurück an die Gemeinschaft abführen.
In dieser Arbeit wurden die Auswirkungen einer Zweckbindung der Erbschaftssteuer zugunsten von Programmen zur Förderung von Chancengleichheit und sozialer Gerechtigkeit auf die Steuerehrlichkeit bei ÖsterreicherInnen und Deutschen untersucht. In einem experimentellen Fragebogen wurde eine Steuerabgabesituation simuliert, in der insgesamt 539 StudienteilnehmerInnen Steuern für eine erhaltene Erbschaft oder einen Aktiengewinn abführen mussten. Die Testpersonen erhielten dabei jeweils die Information, dass das Steuergeld einem Programm für Chancengleichheit, einem Programm für soziale Gerechtigkeit beziehungsweise keinem bestimmten Verwendungszweck gewidmet werden würde. Außerdem wurden das Herkunftsland (Deutschland vs. Österreich) und die subjektive Betroffenheit von der Erbschaftssteuer (betroffen vs. nicht betroffen) als unabhängige Variablen verwendet, wodurch ein 2 x 3 x 2 x 2 Versuchsgruppendesign entstand.
Mittels vierfaktorieller Varianzanalyse konnten signifikante Haupteffekte für die Art der Steuer, Zweckbindung und Nation festgestellt werden. Die TeilnehmerInnen verhielten sich weniger steuerehrlich wenn sie eine Erbschaftssteuer abführen sollten, die Steuercompliance konnte jedoch durch eine Zweckbindung des Geldes zugunsten eines Programms für Chancengleichheit bei beiden Steuerarten verbessert werden. Deutsche und österreichische TeilnehmerInnen unterschieden sich hinsichtlich ihrer Zahlungsbereitschaft und ihrer Einstellung zur Erbschaftssteuer nicht voneinander. Beide Gruppen zeigten steuerunehrlicheres Verhalten bei der Erbschaftssteuer und verbesserten ihre Zahlungsmoral in der Bedingung Zweckbindung – Chancengleichheit. Insgesamt verhielten sich Deutsche steuerehrlicher als die ÖsterreicherInnen.
Zwischen diesen beiden Gruppen konnten signifikante Unterschiede in der Steuermoral gefunden werden, die nach Torgler (2002b) die intrinsische Motivation darstellt, Steuergeld korrekt abzuführen und einen bedeutenden Einfluss auf die Abgabebereitschaft hat. ÖsterreicherInnen betrachten die Erbschaftssteuer zudem eher als unwirtschaftlich. Zwischen der individuellen Betroffenheit von der Erbschaftssteuer und der Steuerehrlichkeit konnte kein Zusammenhang nachgewiesen werden.