Abstract (deu)
Die Ausbildung von Lebensgemeinschaften unterschiedlichster Form und Prägung zwischen den verschiedenen Lebensformen innerhalb eines Habitats kennt in ihrer Mannigfaltigkeit und Variation keinerlei Grenzen. Ekto–sowie endosymbiotische Wechselbeziehungen zwischen Organismen nehmen eine essentielle Funktion in der Gestaltung eines Lebensraumes ein und liefern einen wesentlichen Beitrag zur Biodiversität eines Habitats.
Freilebende Amöben, unizelluläre, eukaryotische Organismen mit weitreichender Funktion innerhalb terrestrischer sowie aquatischer Lebensräume spielen eine gewichtige Rolle bei der Regulation bakterieller Biodiversität und Vielfalt. In ihrer Funktion als Räuber nehmen sie über den Prozess der Phagozytose bakterielle Organismen auf und bauen diese anschließend ab. Im Laufe der Zeit haben manche dieser Bakterien Strategien entwickelt, welche es ihnen ermöglichen, dem Abbauprozess zu entgehen und ihrerseits ihren bisherigen Fressfeind effektiv als ökologische Nische zur Reproduktion zu benutzen. Untersuchungen dieses intrazellulären Lebensstils liefern einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis interspezifischer Wechselwirkungen auf molekularer und evolutionärer Ebene.
Im ersten Teil unserer Studie beschäftigten wir uns mit dem Einfluss wirtseigener DNA auf die Aufrechterhaltung zellulärer Aktivität und Stabilität von Nucleicultrix amoebiphila FS5, einem obligat intrazellulären Alphaproteobakterium, welches spezifisch den Zellkern seines Wirtes Hartmannella sp. infiziert. In Gegenwart bzw. Abwesenheit aufgereinigter DNA wurden Wirts–freie Fraktionen von N. amoebiphila FS5 über den Zeitraum einer Woche inkubiert. Zur Evaluierung und Bestimmung der zellulären Aktivität sowie Stabilität wurden spezifische Marker beziehungsweise Farbstoffe wie DAPI, PI und CTC herangezogen. Der prozentuelle Anteil infizierter Wirtszellen innerhalb einer Amöbenpopulation wurde mittels Fluoreszenz in–situ Hybridisierung ermittelt. Gemäß unseren erhobenen Daten behält N. amoebiphila FS5 seine Infektiosität in einer Wirts–freien Umgebung über einen längeren Zeitraum bei. Wir konnten des Weiteren auch eine signifikant erhöhte zelluläre Aktivität mittels CTC in der Gegenwart aufgereinigter DNA feststellen. Die Verwertung exogener DNA steht möglicherweise im Zusammenhang mit der Präsenz lebender E. coli Zellen, welche N. amoebiphila FS5 einen zum derzeitigen Stand unbekannten Vorteil verleihen. Eine mögliche Erklärung wäre die Sekretion exogener DNA Nukleasen, welche eine effektive Degradierung der DNA herbeiführen und dabei einzelne Nukleotide für N. amoebiphila FS5 verfügbar machen.
Nucleicultrix ist Mitglied eines kürzlich beschriebenen, neuartigen Stammes von obligat intrazellulären Bakterien, welcher der Ordnung der Rickettsiales zuzuordnen ist.
Während des zweiten Teils unseres Projektes lag der Schwerpunkt auf der Erforschung und Charakterisierung des Entwicklungszyklus zweier verwandter Organismen von Nucleicultrix, Endosymbiont of Acanthamoeba UWC36 und Paracaedibacter EI3. Beides sind Symbionten der Gattung Acanthamoeba sp., infizieren jedoch das Zytoplasma ihres jeweiligen Wirtes. Im Mittelpunkt unseres Interesses stand die Evaluierung des Einflusses erhöhter Inkubationstemperatur auf die Ausbildung parasitären Verhaltens beider Organismen. Die Charakterisierung des Lebens–bzw. Infektionszyklus liefert dabei einen wichtigen Einblick in die Art und Ausprägung intrazellulärer Wechselwirkungen und wurde in unserem Fall mittels Fluoreszenz in–situ Hybridisierung in Kombination mit einem DAPI–Färbeansatz zur gleichzeitigen Erfassung der metabolischen Aktivität des Symbionten durchgeführt. Mit Hilfe der Bestimmung der Wachstums–bzw. Teilungsraten infizierter sowie uninfizierter Amöben sowie eines Propidiumiodid (PI)–Färbeansatzes wurde der Einfluss einer bakteriellen Infektion auf den Fitnesslevel und die Überlebensfähigkeit infizierter Acanthamoeba castellanii Neff untersucht. Die Infektion von A. castellanii Neff durch UWC36 erfolgte rasch, bereits 2 Stunden nach Beginn wurden erste UWC36 Bakterien innerhalb von Wirtszellen beobachtet. Begünstigt durch seine schützende Umgebung innerhalb einer Wirtszelle breitete sich UWC36 rasch innerhalb einer Population von uninfizierter A. castellanii Neff aus. Des Weiteren konnten wir eine direkte, Temperatur–abhängige Beschleunigung des Entwicklungszyklus bei 30°C feststellen. Der Abschluss des Entwicklungszyklus erfolgte abhängig von der jeweiligen Inkubationstemperatur 48 (30°C) beziehungsweise 72 (20°C) Stunden nach Beginn der Infektion. Im Laufe der Entwicklungszyklus von UWC36 kam es zu einer kontinuierlichen Infektion der gesamten Wirtspopulation über horizontalem Transfer sowie vertikaler Übertragung mittels Teilung der Wirtszellen. Nach 168 Stunden fortwährender Inkubation waren dementsprechend sämtliche Wirtszellen innerhalb einer Amöbenpopulation vollständig infiziert, unabhängig von der Inkubationstemperatur. Während die Zellzahl infizierter Amöben bei 30°C 120 Stunden nach Beginn der Inkubation beständig abnahm, blieb jene infizierter Wirtszellen bei 20°C über den weiteren Verlauf des Zyklus stabil. Die Zellzahl infizierter Amöben lag generell signifikant niedriger als jene uninfizierter Kontrollen ab 96 Stunden nach Beginn der Infektion unabhängig von der jeweiligen Inkubationstemperatur. UWC36 scheint den gewählten Wirtsorganismus A. castellanii Neff in seiner Überlebensfähigkeit und Vitalität nicht wesentlich zu beeinflussen oder vorzeitige Zelllyse zu induzieren, was durch das Fehlen charakteristischer PI–Peaks während des gesamten Infektionszyklus gekennzeichnet ist.
Paracaedibacter EI3 war im Gegensatz zu UWC36 nicht in der Lage, A. castellanii Neff erfolgreich zu infizieren. Mittels eines Antibiotikaansatzes bestehend aus verschiedenen Kombinationen von Antibiotika mit unterschiedlichen Wirkungsspektren gelang es, Paracaedibacter EI3 erfolgreich aus seinem nativen Wirt Acanthamoeba sp. zu entfernen. Nach 6 Wochen kontinuierlicher Behandlung konnten keinerlei infizierte Amöben sowie EI3 im extrazellulären Milieu mittels FISH und DAPI–Färbung detektiert werden. Im direkten Vergleich mit Endosymbiont of Acanthamoeba UWC36 weist Paracaedibacter EI3 eine eingeschränkte Reichweite an möglichen Wirten auf, wohingegen UWC36 fähig zur Erweiterung seines Repertoires an möglichen Wirtszellen fähig erscheint.