Abstract (deu)
Die vorliegende Diplomarbeit widmet sich dem Animationsfilm und seinen ästhetischen Eigenschaften aus verschiedenen Perspektiven. Ausgangspunkt ist dabei stets der Bezug zur Realität und der Frage nach der Wirklichkeit. So versucht der erste Teil der Arbeit eine theoretische Annäherung an die Frage, wie Kunst generell und Animationsfilm speziell, mit der erlebten Wirklichkeit umgehen. Im Fokus steht hauptsächlich kommerzieller Animationsfilm. Von seinen Anfängen bis heute, wird das Medium mit Hilfe film- und medientheoretische Ansätze analysiert, um die spezifischen ästhetischen Eigenschaften der Kunstform Animation zu erfassen. Die enorme Vielfältigkeit des Mediums entsteht unter anderem durch den Aspekt, dass hier einerseits die völlige Formfreiheit der Malerei gegeben ist und andererseits die zeitliche Komponente des Films hinzukommt. Daraus ergibt sich ein mächtiges abbildendes Verfahren, dass tendenziell die Fähigkeit hat, Dingen eine Ausdrucksmöglichkeit zu geben, die davor in dieser Form noch nicht existierten. Wie in allen bildenden Künsten kommt etwas in die sichtbare Welt, das zuvor unsichtbar war, verbunden jedoch mit dem Faktor Zeit. Man könnte sagen darstellende, visuelle und nicht zuletzt auch auditive Künste verschmelzen zu etwas neuem und Größeren, dessen Essenz aus einer gewissen Formfreiheit besteht.
Der zweite Teil der Arbeit befasst sich dann konkret mit der formalen Ebene des Animationsfilms. Vorhandenen Animationstechniken und Methoden und ihre Entwicklung, werden unter Berücksichtigung kultureller Gegebenheiten, erläutert. Den theoretischen Ausführungen wird die konkrete Produktionsebene gegenübergestellt. Dabei wird traditionell westlicher Animationsfilm und auch der japanischen „Anime“ berücksichtigt, womit die beiden etabliertesten Richtungen abgedeckt sind. Die praktisch-technischen Aspekte der Herstellung und ihr Einfluss auf die Produktion von Animationsfilmen, stehen hier im Mittelpunkt. Die Fragen welche Kriterien ein Animationsfilm erfüllen muss um vom Publikum angenommen zu werden und welche Rolle die Raum- und Figurengestaltung dabei einnimmt werden diskutiert. Zentral bleibt dabei der Blick auf das Verhältnis zur Wirklichkeit. Wie „realistisch“ sind die Darstellungen in der Praxis und auf welche Hilfsmittel wird zurückgegriffen um eine glaubhafte animierte Realität zu kreieren?
Der letzte Teil möchte schließlich an konkreten Beispielen aufzeigen für welche Inhalte Animationsfilm prädestiniert scheint. Die Funktion der Narration wird im kulturellen Kontext erläutert. Weiters wird behandelt welchen Zweck Geschichten erfüllen und wieso der Mensch Interesse daran hat in fremde Welten einzutauchen. Unterteilt in vier Kategorien des emotionalen Erlebens, zeigt dieser Teil der Arbeit das Verhältnis von Form und Inhalt auf und erläutert an zahlreichen Filmbeispielen, vier verschiedene Wege des Animationsfilms mit der Wirklichkeit umzugehen: Negative Zukunftsvisionen, elegische Vergangenheitsbewältigung, überhöhte Gegenwirklichkeit und zeitlose Utopien finden im Medium des Animationsfilms eine geeignete Struktur um ihre Anliegen auszudrücken. Der gemeinsame Nenner, ist die Grenzüberschreitung, all diese Themen, stellen die bekannte Realität in irgendeiner Weise in Frage. Analog dazu ist Animation ein Medium, dessen Kennzeichen die Zurückweisung von Form ist. Animationsfilm präsentiert sich somit als Spiegel, der dazu in der Lage ist parallelen Welten, die in der Phantasie, im Traum, im Unbewussten, in der Erinnerung, existieren, eine visuelle Erscheinungsform zu geben.