Abstract (deu)
Ende des 18. Jh. lebten in der französischen Kolonie Saint-Domingue, dem heutigen Haiti, etwa eine halbe Million afrikanischer bzw. afrikanischstämmiger Sklaven, die Teile ihrer Kulturen und Religionen in der Neuen Welt weiterführten. Die Masterarbeit analysiert, welche Rolle die religiösen Glaubenspraktiken für den Widerstand und die Emanzipationsbestrebungen der versklavten Bevölkerung spielte. Nach einer Einführung in die Geschichte der Kolonie, widmet sich der erste Teil dem religiösen Kosmos der afrikanischen Sklaven und der kolonialen Gesetzgebung, die eine Entfaltung der afrikanischen Kultur zu bekämpfen versuchte. Anhand von zeitgenössischen Berichten werden spirituelle Zeremonien und Prak-tiken untersucht, die für die Sklaven, im Leben abseits der Plantagenarbeit, von essentieller Bedeutung waren. Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit der Haitianischen Revolution, die 1791 begann und als einziger erfolgreicher Sklavenaufstand der Geschichte mit der Aus-rufung der Unabhängigkeit Haitis im Jahr 1804 endete. Im Zentrum steht eine genaue Analyse der Bois-Caïman-Zeremonie, die kurz vor Ausbruch der Revolution stattfand und heute als eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte des Landes gilt. Daneben zeigen französische Berichte, wie die Sklaven von ihren religiösen Vorstellungen im Kriegsalltag Gebrauch machten und welches Verhältnis einige der Revolutionsführer zum afrikanischen Glauben hatten. Vodou war in der kolonialen Epoche eine Form des spirituellen Widerstands, welche sich zwar nicht direkt gegen die weiße Kolonialherrschaft richtete, aber den Sklaven helfen konnte, sich abseits der Aufsicht der Plantagenbesitzer eigenständig zu organisieren und Rückhalt zu finden. Für die Revolution war Vodou nicht ausschlaggebend, trug aber zum Erfolg der Sklaven bei, da die afrikanischen Glaubenspraktiken eine allgegenwärtige und explosive Kraft darstellten, die für viele Aufständische eine große Bedeutung hatte.