Abstract (deu)
Soll Österreich Automobile bauen? Unter diesem als Frage formulierten Titel wurde im Juni 1978 ein Symposium in der Wiener Hofburg abgehalten. Diesem Symposium war eine zweijährige hit-zige Debatte vorausgegangen. Diese drehte sich um die Frage, ob es im Bereich des Machbaren liege, innerhalb Österreichs, in Zusammenarbeit mit namhaften ausländischen Automobilkonzer-nen, eine eigenständige österreichische Automarke zu produzieren. Die Pro- und Contra-Stimmen verliefen nicht nur zwischen den politischen Parteien und der Wirtschaft, sondern auch innerhalb der Gesellschaft. Einerseits wurde versucht, mit der ehemals glanzvollen, österreichischen Auto-mobilgeschichte Werbung für dieses neu zu kreierende Auto zu betreiben, andererseits wurde auf Seiten des Contra-Lagers mit Hinweis auf die gravierenden wirtschaftlichen Folgekosten ins Feld gezogen.
Erster Ansprechpartner von Seiten der österreichischen Regierung wurde im Jahre 1976 die Firma Porsche. Durch geschichtliche und persönliche Bande gab es zur Firma Porsche eine enge Ver-bindung. Bei dieser Firma wurde eine Studie in Auftrag gegeben, die den Namen „Projekt Aus-tria“ trug. Sinn dieser Untersuchung war es, zu eruieren, ob es theoretisch machbar wäre, Perso-nenkraftwagen in Österreich zu produzieren. Das Ergebnis fiel positiv aus, und sobald die Öf-fentlichkeit davon erfuhr, wurde in einer österreichischen Tageszeitung der Name „Austro-Porsche“ erfunden. Diese offiziell nie verwendete Bezeichnung sollte in den nächsten Jahren dem Versuch, eine Automobilindustrie in Österreich zu errichten, anhaften.
Als die Firma Porsche den österreichischen Wunsch positiv beurteilte, wurde unter der Ägide des ÖIAG-Generaldirektors, Franz Geist, und des Bundeskanzlers, Bruno Kreisky, fieberhaft an der Realisierung dieses Projekts gearbeitet. Die Widerstände waren groß. Vor allem von Seiten des politischen Konkurrenten ÖVP sowie FPÖ wurde der „Austro-Porsche“ abgelehnt. Auch von Seiten der Wirtschaft wurde das Projekt nicht wohlwollend aufgenommen. Einer der Gründe für die ablehnende Haltung war das befürchtete wirtschaftliche Debakel, den dieser angeblich prog-nostizierte Reinfall bringen sollte. Darüber hinaus wurde nicht geklärt, wie die Eigentümerstruk-tur auszusehen hat und ob die Verstaatlichte Industrie die Hauptlast tragen würde. Die Idee einer Public-Private-Partnership war das anfänglich erklärte Ziel. Neben politischen Querelen und der Besorgnis von Teilen der österreichischen Wirtschaft, schwang die nie geklärte Frage des Ver-triebsnetzes und der zu produzierenden Stückzahl wie ein Damoklesschwert über dem Unter-nehmen. Ein weiterer Streitpunkt war der Unwille der Familie Porsche / Piëch, deren Namen dem Projekt zur Verfügung zu stellen.
Es wurde danach verzweifelt versucht, einen Ersatz für die Firma Porsche zu finden, wobei alle Optionen ohne Erfolg blieben. So kam es im Juni 1978 zu der generellen Fragestellung, ob Öster-reich überhaupt Automobile bauen solle. Im Laufe des oben erwähnten Symposiums wurde es immer offensichtlicher, dass sich die wirtschaftliche Struktur Österreichs eher als Automobilteil-zulieferer eignet und nicht als vollwertiger Autoproduzent mit eigener Marke. Im Zuge dieser Erkenntnis wurde nun versucht, Automobilkonzerne nach Österreich zu locken, damit diese in Österreich Autoteile anfertigen würden. Dieses Unterfangen hingegen war um ein Vielfaches erfolgreicher, und es siedelte sich in der Folge BMW in Steyr, GM in Wien-Aspern sowie Renault in Gleisdorf an. Das BMW- und GM-Werk spielen bis zum heutigen Tage eine bedeu-tende Rolle in der österreichischen Industrie und Wirtschaft.
Der Versuch, mit dem „Austro-Porsche“ eine eigenständige österreichische Automobilmarke zu etablieren, war der letzte Versuch seiner Art, an die österreichische Automobil-Tradition anzu-knüpfen und diese wieder zu beleben.