Abstract (deu)
Die Studie versucht die Frage zu klären, ob die hervorgehobene Stellung der Menschenwürde als "wichtigste Wertentscheidung des Grundgesetzes" bzw. "oberster Verfassungswert" tatsächlich gerechtfertigt ist oder ob die Menschenwürde aufgrund historischer, philosophischer und politischer Aspekte überschätzt wird.
Das jahrzehntelange allgemein konsensfähige Dogma, dass die Menschenwürde unantastbar und einer Abwägung gegenüber kollidierenden Belangen von Verfassungsrang nicht zugänglich sei, wird zunehmend in Zweifel gezogen. Neue Entwicklungen in der Biotechnologie oder elementare Bedrohungen wie der Terrorismus führen immer wieder zu der Frage, ob das Dogma der Unabwägbarkeit auch in Extremsituationen wie Bedrohungslagen tragfähig ist.
Begonnen wird mit einer theoretischen Erörterung des Unabwägbarkeitsdogmas. Anschließend wird das gefundene Ergebnis an rechtspolitisch besonders umstrittenen Beispielen wie der Menschenwürde im Krieg, dem polizeilichen Todesschuss sowie der Rettungsfolter als Instrument des Gefahrenabwehrrechts unter besonderer Berücksichtigung des in der Literatur zu diesen Problemlagen vertretenen Meinungsspektrums exemplifiziert.
Erörtert werden auch Fragen der Menschenwürde in der Datenverarbeitung, der Atomenergie bzw. des Umweltschutzes und der Biotechnologie. Zudem gilt es zu untersuchen, ob die Anwendung der Menschenwürde auf die oben genannten Sachverhalte eine Überdehnung ihres Anwendungsbereichs darstellt oder ob es sich um notwendige Anpassungen des Menschenwürdebegriffs handelt, die mit Blick auf den technischen Fortschritt im Bereich der Kriminaltechnik, der Kernenergie und der Biomedizin sowie auf die damit verbundenen staatlichen Eingriffe unumgänglich geworden sind.