Abstract (deu)
Transdisziplinarität als eine Form der Wissensproduktion erlangte in den letzten Jahrzehnten zunehmende Bedeutung in unterschiedlichen Forschungsprogrammen. Darüber hinaus gibt es auch eine anhaltende akademische Debatte zu Änderungen in der Art und Weise wie ‘wissenschaftliches’ Wissen produziert wird und produziert werden soll. Der Begriff ‘Transdisziplinarität’ wird dabei vorwiegend im Bereich der Nachhaltigkeitsforschung verwendet und bezeichnet die Idee, das sogenannte ‘außerwissenschaftliche Akteure’ in den Prozess der Wissensproduktion einbezogen werden müssen. Auf diese Weise, so das Argument, könne der zunehmenden Komplexität von Problemstellungen in Kontexten erhöhter Unsicherheit des Wissens (z.B. Klimawandel) Rechnung getragen werden.
Bedrohungsszenarien wie auch Möglichkeiten die uns ‘in der Zukunft’ erwarten befinden sich im Zentrum von Narrationen in der Nachhaltigkeitsforschung. Solche Narrationen beinhalten mögliche zukünftige Konsequenzen des Klimawandels oder die Knappheit von Ressourcen und wie wir derartige Probleme antizipieren und uns auf sie vorbereiten können. Die zunehmende Bedeutung von Wissen über potentielle zukünftige Entwicklungen kaum überraschend. Für die Erzeugung derartigen antizipatorischen Wissens steht eine große Anzahl unterschiedlicher Methoden bereit. Modellkalkulationen und verschiedene Formen der Szenarioentwicklung sind in der Nachhaltigkeitsforschung weit verbreitet. Kollektive Vorstellungen der Zukunft unsere Gesellschaft und ihrer Verbindung zu Wissenschaft werden auf diese Weise zentrale Elemente im Diskurs über transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung wie ich in der Methodenwahl in der Forschungspraxis.
Meine Dissertation stellt eine empirische Untersuchung transdisziplinärer Nachhaltigkeitsforschung mit einem speziellen Fokus auf ‘futuring’-Praxen von der involvierten Akteure dar. ‘Futuring’ verstehe ich dabei als eine Praxis, in der kollektive Vorstellungen von Zukünften konstruiert, stabilisiert, eingeübt, aber auch angefochten werden. ‘Futuring’, so die forschungsleitende theoretische Annahme, spielt eine wichtige Rolle in der Etablierung von Transdisziplinarität als einen Modus von Wissensproduktion und damit auch für die Ko-Produktion von Wissenschaft und Gesellschaft.
Drei unterschiedliche analytische Ebenen werden untersucht: (1) Vorstellungen gesellschaftlicher Zukünfte die mittels transdisziplinärer Forschung aktualisiert oder vermieden werden sollen, (2) Vorstellungen über die Zukunft von Transdisziplinarität als Form der Wissensproduktion und (3) die Übersetzung dieser Vorstellungen in ‚futuring’-Praxen.
Die Fallstudie für meine Dissertation ist das österreichische Forschungsförderprogramm proVISION und ein Sample der in diesem Programm geförderten Projekte. Analysiert werden unterschiedliche Materialen wie Programmdokumente und Spuren der Debatte innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Darüber hinaus beziehe ich mich auf die Forschungspraxis von in den Projekten involvierten Akteur*innen (Beobachtungen von Teammeetings und öffentlichen Veranstaltungen) und auf ex-post Rekonstruktionen der Projektpraxis (narrative Interviews und Fokusgruppen).
Mit meiner Dissertation möchte ich zu einem empirisch fundierten Verständnis der Produktion und Zirkulation von antizipatorischen Wissen im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und diversen Öffentlichkeiten. In weitere Konsequenz möchte ich mit dieser Arbeit eine kritische Diskussion der impliziten Annahmen in der Produktion sowie der Möglichkeiten und Grenzen in der Zirkulation und Verwendung von ‘Wissen über die Zukunft’ anregen. Damit möchte ich außerdem Aufmerksamkeit auf die Rolle von ‘Zukunft’ in der fortwährenden Aushandlung wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ordnungen lenken.