Abstract (deu)
In dieser Arbeit werden jene improvisatorischen Verfahren untersucht, die William Forsythe im Verlauf von über 30 Jahren choreographischer Praxis in Zusammenarbeit mit den Tänzerinnen und Tänzern des bis 2004 bestehenden Ballett Frankfurt sowie der danach gegründeten Forsythe Company entwickelt hat. Die von ihm herausgegebene CD-ROM Improvisation Technologies visualisiert seinen Zugang zu einer Bewegungsreflexion, die auf dem Dekonstruieren des klassischen Ballettvokabulars beruht. Forsythes Grundsatz ist, dass Improvisation und letztlich auch das Tanzen von jedem Punkt aus beginnen kann, auf den die Aufmerksamkeit gelenkt wird. Die Umsetzung dessen basiert auf einem geometrischen Verständnis der Zusammenhänge von einzelnen Körperteilen. Die Tanzenden entscheiden im Rahmen von improvisatorischen Operationen selbst, wie sie sich zu den Gegebenheiten des jeweiligen Moments positionieren. Eine solche Arbeitsweise hebt die Hierarchie zwischen Choreograph und Ensemble auf, die Tanzenden werden zu Co-AutorInnen.
Anhand der Choreographie One Flat Thing, reproduced und der damit als Basismaterial operierenden Internetplattform Synchronous Objects for One Flat Thing, reproduced zeigt sich, dass hier improvisatorische Strategien benutzt werden, um kontrapunktische Bewegungsverläufe zu erzeugen. Durch das Verwenden von solchen Strukturen bildet sich ein System heraus, das sich selbst vorantreibt und organisiert. In Synchronous Objects werden diese über computeranimierte Grafiken sichtbar gemacht und geben Einblick in die Struktur von choreographischem Denken.
Stücke wie One Flat Thing, reproduced reflektieren einen alternativen Umgang mit Regeln, die nicht über Machtstrukturen ausgewiesen werden. Gleichzeitig werden diese nicht ausgeblendet, wie es in einem anarchistischen System der Fall wäre. Sie sind im Gegenteil sehr präsent als wesentlicher Bestandteil des Systems, das ohne sie nicht existieren würde.