Abstract (deu)
Die Debatte, ob ein lebensnotwendiges Gut wie Wasser privatisiert werden soll, besteht bereits seit Jahrzehnten und ist auch heute noch ein hitziges Diskussionsthema. Immer wieder gibt es Bürgerproteste gegen die Privatisierung der Wasserversorgung. Die Europäische Union sowie viele Politiker, vor allem jene mit neoliberalistischer Sichtweise, drängen jedoch auf eine Privatisierung des Wassersektors. Es ist hervorzuheben, dass die Europäische Union zwar die Handelsbarrieren von Drittländern fallen sehen will, ihre eigenen jedoch unbedingt erhalten möchte, um mögliche negative Auswirkungen durch eine Privatisierung der Wasserversorgung zu vermeiden. Dies ist vor allem dahingehend widersprüchlich, da die Europäische Union versucht, Drittländer mit dem Argument zu überzeugen ihre Handelsbarrieren abzubauen, dass eine Privatisierung der Wasserversorgung Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze schaffen, Know-how bringen und den Zugang zur Infrastruktur in Entwicklungsländern erheblich verbessern würden.
Mithilfe der bereits vorliegenden Theorie wird die Frage, ob eine Privatisierung der Wasserversorgung eine adäquate Form des Wassermanagements darstellt, beantwortet. Die Literatur zeigt, dass dies nicht der Fall ist, allein schon aufgrund der Charakteristika, die der Wassersektor aufweist. Zuallererst stellt der Wassersektor ein natürliches Monopol dar. Dies bedeutet, dass ein Versorger ein Gut oder eine Dienstleistung immer zu geringeren Kosten produzieren könnte als zwei oder mehrere dies könnten. Ein weiterer Punkt ist der, dass die Stadtentwicklung wesentlich von der Entwicklung der Infrastruktur des Wassersektors abhängt und man damit rechnen muss, dass profitorientierte Unternehmen ihre Kosten und somit auch Infrastrukturinvestitionen so niedrig wie möglich halten wollen und werden. Zu geringe Investitionen in die Wasserinfrastruktur können negative Auswirkungen auf Entwicklung und Innovation haben. Nicht zuletzt birgt der Wassersektor zusätzlich hohe versunkene Kosten. Dies bedeutet ein hohes Risiko für private Unternehmen und daher sind damit auch höhere Kapitalkosten verbunden. Um das Risiko zu senken, bieten manche Staaten privaten Unternehmen spezielle Vorteile, die zu mehr Marktmacht und weniger Kontrolle führen. Dies ist nicht wünschenswert, da anzunehmen ist, dass opportunistisches Verhalten seitens der privaten Unternehmen auftreten wird und im Vorhinein vereinbarte Verträge nicht eingehalten werden.
Anhand von vier EU-Ländern – nämlich England und Wales, in denen seit 1989 die Wasserversorgung voll privatisiert ist, Frankreich, in welchem eine Teilprivatisierung mit Konzessionsvergabe implementiert wurde oder Deutschland und Schweden, in denen vereinzelt Gemeinden vollprivatisiert wurden oder es eine Beteiligung von Privaten (Public-Private Partnerships) gibt – werden die Effekte einer Privatisierung der Wasserversorgung untersucht. Die Resultate zeigen ein klares Bild. Die negativen Effekte überwiegen eindeutig die positiven Effekte der Privatisierung der Wasserversorgung. Alle Beispiele anhand der EU-Länder zeigen, dass die Effizienz drastisch gesunken ist, Kosten und Preise dafür jedoch deutlich gestiegen sind. Es ist zu chronischen Unterinvestitionen gekommen, die unter anderem zu Lecks geführt und damit das Grundwasser verseucht und die Trinkwasserqualität verschlechtert haben. Dies zieht dann häufig Gesundheitsprobleme nach sich. Arbeitsplätze werden oftmals deutlich wegrationalisiert und auch Ausschlüsse vom Netz sind keine Seltenheit, wenn Haushalte ihre Wasserrechnung nicht bezahlen können. Des Weiteren ist nicht anzunehmen, dass für private Unternehmen Umwelt und Nachhaltigkeit eine übergeordnete Rolle spielen, unter anderem aufgrund von Anreizproblemen. Da höherer Konsum auch einen höheren Profit nach sich zieht, befürworten private Unternehmen einen höheren Wasserkonsum durch die Konsumenten.
Die Ergebnisse sind nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass private Unternehmen ihre Gewinne zu maximieren versuchen und daher ihre Kosten so niedrig wie möglich halten wollen. Da Qualität und Investitionen Kostenfaktoren darstellen, werden diese folglich minimiert.
Schlussendlich lässt sich ableiten, dass eine Privatisierung der Wasserversorgung schon aufgrund der Charakteristika des Wassersektors nicht wünschenswert ist. Darüber hinaus zeigen die Praxisbeispiele, dass Privatisierung tatsächlich keine adäquate Form für das Wassermanagement darstellt, da die negativen Effekte klar überwiegen.