Abstract (deu)
Die Bestrafung der sexuell aktiven Frau stellt ein wiederkehrendes und zentrales Motiv in filmischen Texten der „Männlichkeitskrise(n)“ zu unterschiedlichen Zeiten dar, da ihre (meist tödliche) Bestrafung oftmals den emotionalen Höhepunkt eines Narratives markiert. Dementsprechend bietet die zelebrierte Vernichtung der sexuell aktiven Frau aufgrund ihres Wesens als Andere die Möglichkeit, die diegetische Ordnung wiederherzustellen und in weiterer Folge der eigenen Position als Zuschauer_in in der außerdiegetischen Gesellschaft Sinn zu verleihen. Das Problem einer solchen Betrachtung – und zugleich Grund, warum diese im Kontext von queeren Lesarten unter Beschuss kam – ist einerseits die reduktionistische Überbewertung des strafenden Endes, der die komplexen Frauenfiguren und ihre charakterliche Entwicklungen im Zuge der Handlung simplifiziert; andererseits ist es die Heterogenität von Rezeptionsleistungen, die nicht ipso facto aus dem Film gezogen werden können. Um neues Licht auf die Angelegenheit zu werfen, werden in der vorliegenden Arbeit anhand eines bekannten Beispiels in diesem Zusammenhang (Sodom und Gomorrha – Die Legende von Sünde und Strafe 1922) die strukturellen Verbindungslinien zwischen affizierender Narration, Diskursen und den Bedürfnissen einer sozio-kulturell spezifischen männlichen Zuschauergruppe, die mit dem Begriff der „Männlichkeitskrise“ hantiert (männlich, (einst) bürgerlich, junges bis mittleres Erwachsenenalter, tendenziell christlichsozial, aus Wien und Umgebung), nachgezeichnet und in welchem strukturellen Zusammenhang diese mit der Bestrafung der sexuell aktiven Frau stehen. Damit stellt die vorliegende Arbeit den Versuch dar, das strukturelle Element der sexuell aktiven Frau abseits ihrer reinen Bestrafung als Fokuspunkt zu verstehen, in dem sich andere Diskurse bündeln, sodass ihre Zerstörung den Zuschauern dieser Gruppe eine höchst mögliche emotionale Entladung bietet.