Abstract (deu)
Diese Arbeit versucht, die Stimmhaftigkeit des Englischen Plural-Morphems zu erklären. Obwohl stimmhafte Frikative in wortfinaler Position sowohl phonotaktisch als auch artikulatorisch markiert sind (vgl. Stampe 1979), treten sie im Englischen sowohl in lexikalischen, vor allem aber in komplexen Wortformen (zB keys ‚Schlüssel‘, rings ‚Ringe‘) auf. Diese Stimmhaftigkeit wird in den meisten phonologischen Theorien durch einen sporadischen Prozess erklärt (vgl. Ringe 2003, Pinsker 1974), welcher hier aber aufgrund der beträchtlichen Markiertheit des Phonems als unwahrscheinlich betrachtet wird. Vielmehr wird ein morphonotaktisch bedingter Prozess der selektiven Stimmhaftigkeitswerdung angenommen, welcher durch den Schwund des unbetonten Vokals Schwa motiviert wurde. Aufgrund des Schwa-Schwundes kam es in der Spätmittelenglischen Periode zu einer Homophonie zwischen morphotaktisch und lexikalischen Koda-Formen, vor allem in den Typen V/s/, /ms, ns, ls, rs/. Dies resultiert folglich in einer Ambiguität, welche durch einen möglichen Lautwandel wie etwa von stimmlos zu stimmhaft vermieden werden könnte. Es konnte mithilfe der Strong Morphonotactic Hypothesis (Dressler & Dziubalska-Kołaczyk 2006, Ritt et al. 2012) gezeigt werden, dass die Pluralbildung unter Verwendung eines stimmlosen Morphems {/s/} einer größeren Anzahl von lexikalischen Homophonen gegenübersteht als dies bei Verwendung des stimmhaften {/z/} der Fall ist. Die Stimmhaftigkeit des englischen Plurals entsteht also aus der Notwendigkeit heraus, die Signalisierungsfunktion des Plurals zu erhöhen, um eine problemlose Verarbeitung von Pluralformen zu garantieren.