Die vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei Teile: eine Literaturrecherche, die unterschiedliche Theorien zur Entwicklung mathematischer Konzepte vorstellt, und – basierend darauf - eine Analyse von Aufgaben der Sekundarstufe zum Thema Funktionen.
In Kapitel 2 werden zwei unterschiedliche Sichtweisen illustriert, in denen abstrakte mathematische Konzepte wie Zahlen oder Funktionen betrachtet werden können: die operationelle und die strukturelle Sichtweise. In der operationellen Sichtweise werden Konzepte durch Handlungen, Aktionen und Prozesse erfasst, wogegen diese in der strukturellen Sichtweise als statische abstrakte Objekte begriffen werden. Für das vollständige Verständnis eines Konzeptes sind beide Sichtweisen notwendig.
Kapitel 3 befasst sich sowohl mit historischen als auch mit psychologischen Untersuchungen zur Entwicklung einiger zentraler mathematischer Konzepte. Sowohl historische Fakten zur Entwicklung der Zahlen und der Algebra (Kapitel 3.1) als auch eine Studie zu verwendeten Lösungsstrategien für einfache Additionsaufgaben und Studien zu Problemen beim Verständnis algebraischer Konzepte von Kindern und Jugendlichen (Kapitel 3.2) deuten darauf hin, dass operationelle Konzeptionen den strukturellen vorausgehen. Der Übergang von operationellen zu strukturellen Konzeptionen ist mit vielfältigen Schwierigkeiten verbunden, die manchmal nicht vollständig überwunden werden können. Schließlich werden zwei Theorien vorgestellt - die Theorie der Reifikation und die APOS-Theorie - welche diese Entwicklung berücksichtigen (Kapitel 3.3).
Im praktischen Teil werden insgesamt 135 Aufgaben aus österreichischen Schulbüchern der Sekundarstufe und 43 Übungsaufgaben zur standardisierten schriftlichen Reifeprüfung zum Thema Funktionen untersucht. Es wird analysiert, welche Aufgaben operationelle Konzeptionen und welche strukturelle Konzeptionen des Funktionsbegriffs fördern. Dazu wird in Kapitel 5, basierend auf den vorgestellten Theorien, ein hierarchisches Modell mit den Stufen Direkt gelenkte Aktionen (operationell), Selbstgeleitete Prozesse (operationell) und Eigenständige Denkobjekte (strukturell) zur Einteilung der Aufgaben erstellt.
Im ersten Teil der Analyse (Kapitel 6.1) ergibt sich, dass österreichische Schulbücher durch ihren Aufbau eine Entwicklung entsprechend dem erstellten Modell in Grundzügen unterstützen. Allerdings fördern gerade die Themenbereiche Lineare Funktionen und Exponential- und Logarithmusfunktionen, welche beinahe 40% aller relevanten Aufgaben zum Thema Funktionen enthalten, die Sichtweise Eigenständiger Denkobjekte kaum.
Im zweiten Teil (Kapitel 6.2) werden Funktionsaufgaben der Stufe Eigenständige Denkobjekte gezielt untersucht und kategorisiert. Dabei ergibt sich, dass vor allem innermathematische Aufgaben die Sichtweise Eigenständiger Denkobjekte unterstützen.
Im dritten Teil der Analyse (Kapitel 6.3) ergibt sich, dass Übungsaufgaben zur standardisierten schriftlichen Reifeprüfung, aufgrund kleinschrittig formulierter Arbeitsanweisungen, meist wenig Handlungsspielraum lassen und somit sehr wenige Aufgaben die Sichtweise Selbstgeleiteter Prozesse fördern. Hingegen unterstützen im Vergleich zu den Schulbuchaufgaben etwas mehr Aufgaben die Sichtweise Eigenständiger Denkobjekte.
The thesis consists of two parts: a literary research, which shows different theories for the development of mathematical concepts as well as a practical analysis of function-oriented school exercises of the Austrian secondary education.
Chapter 2 illustrates two different views of abstract mathematical concepts like numbers or functions: the operational and the structural view. The operational view comprehends concepts through operations and processes, while the structural view conceives them as static abstract objects. To fully understand a concept, both views are required.
Chapter 3 deals with both historic and psychologic studies about the development of several central mathematical concepts. Both historic facts about the evolution of numbers and algebra (Chapter 3.1) as well as a study about solution strategies for simple addition exercises, and studies about problems children or adolescents have when trying to understand algebraic concepts suggest that operational conceptions precede the structural ones. The transition from operational to structural conceptions comes with difficulties that sometimes cannot be fully overcome.
Finally, two theories regarding this transition are presented: the theory of reification
and the APOS Theory.
The practical part of the thesis analyzes a total of 135 exercises from schoolbooks of the Austrian secondary education, and 43 examination questions from the standardized written school leaving examination. All of the exercises are on the subject of functions. The analysis shows which exercises promote operational conceptions, and which ones promote structural conceptions of mathematical functions. For this analysis, Chapter 5 creates a hierarchical model based on the previously introduced theories consisting of the stages “directly guided actions” (operational), “selfdirected processes” (operational), and “full-fledged thought objects” (structural) for the classifications of the exercises.
The first part of the analysis (Chapter 6.1) shows, that the structure of Austrian schoolbooks generally supports a development according to the presented model. However, the topics “linear functions” and “exponential and logarithmic functions” — which contain about 40% of all relevant function-oriented exercises — hardly support the structural stage of “full-fledged thought objects”.
The second part of the analysis (Chapter 6.2) examines and categorizes function-related exercises corresponding to the stage “full-fledged thought objects”. In doing so, it shows that the stage “full-fledged thought objects” is promoted mostly by innermathematical exercises.
In the third part of the analysis (Chapter 6.3), it appears that exercises for the standardized written school leaving examination leave less radius of operation due to smaller steps in the exercise descriptions. This leads to many exercises not promoting the “self-directed processes” stage. In comparison to the exercises from schoolbooks, however, slightly more exercises promote the “full-fledged thought object” stage.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei Teile: eine Literaturrecherche, die unterschiedliche Theorien zur Entwicklung mathematischer Konzepte vorstellt, und – basierend darauf - eine Analyse von Aufgaben der Sekundarstufe zum Thema Funktionen.
In Kapitel 2 werden zwei unterschiedliche Sichtweisen illustriert, in denen abstrakte mathematische Konzepte wie Zahlen oder Funktionen betrachtet werden können: die operationelle und die strukturelle Sichtweise. In der operationellen Sichtweise werden Konzepte durch Handlungen, Aktionen und Prozesse erfasst, wogegen diese in der strukturellen Sichtweise als statische abstrakte Objekte begriffen werden. Für das vollständige Verständnis eines Konzeptes sind beide Sichtweisen notwendig.
Kapitel 3 befasst sich sowohl mit historischen als auch mit psychologischen Untersuchungen zur Entwicklung einiger zentraler mathematischer Konzepte. Sowohl historische Fakten zur Entwicklung der Zahlen und der Algebra (Kapitel 3.1) als auch eine Studie zu verwendeten Lösungsstrategien für einfache Additionsaufgaben und Studien zu Problemen beim Verständnis algebraischer Konzepte von Kindern und Jugendlichen (Kapitel 3.2) deuten darauf hin, dass operationelle Konzeptionen den strukturellen vorausgehen. Der Übergang von operationellen zu strukturellen Konzeptionen ist mit vielfältigen Schwierigkeiten verbunden, die manchmal nicht vollständig überwunden werden können. Schließlich werden zwei Theorien vorgestellt - die Theorie der Reifikation und die APOS-Theorie - welche diese Entwicklung berücksichtigen (Kapitel 3.3).
Im praktischen Teil werden insgesamt 135 Aufgaben aus österreichischen Schulbüchern der Sekundarstufe und 43 Übungsaufgaben zur standardisierten schriftlichen Reifeprüfung zum Thema Funktionen untersucht. Es wird analysiert, welche Aufgaben operationelle Konzeptionen und welche strukturelle Konzeptionen des Funktionsbegriffs fördern. Dazu wird in Kapitel 5, basierend auf den vorgestellten Theorien, ein hierarchisches Modell mit den Stufen Direkt gelenkte Aktionen (operationell), Selbstgeleitete Prozesse (operationell) und Eigenständige Denkobjekte (strukturell) zur Einteilung der Aufgaben erstellt.
Im ersten Teil der Analyse (Kapitel 6.1) ergibt sich, dass österreichische Schulbücher durch ihren Aufbau eine Entwicklung entsprechend dem erstellten Modell in Grundzügen unterstützen. Allerdings fördern gerade die Themenbereiche Lineare Funktionen und Exponential- und Logarithmusfunktionen, welche beinahe 40% aller relevanten Aufgaben zum Thema Funktionen enthalten, die Sichtweise Eigenständiger Denkobjekte kaum.
Im zweiten Teil (Kapitel 6.2) werden Funktionsaufgaben der Stufe Eigenständige Denkobjekte gezielt untersucht und kategorisiert. Dabei ergibt sich, dass vor allem innermathematische Aufgaben die Sichtweise Eigenständiger Denkobjekte unterstützen.
Im dritten Teil der Analyse (Kapitel 6.3) ergibt sich, dass Übungsaufgaben zur standardisierten schriftlichen Reifeprüfung, aufgrund kleinschrittig formulierter Arbeitsanweisungen, meist wenig Handlungsspielraum lassen und somit sehr wenige Aufgaben die Sichtweise Selbstgeleiteter Prozesse fördern. Hingegen unterstützen im Vergleich zu den Schulbuchaufgaben etwas mehr Aufgaben die Sichtweise Eigenständiger Denkobjekte.
The thesis consists of two parts: a literary research, which shows different theories for the development of mathematical concepts as well as a practical analysis of function-oriented school exercises of the Austrian secondary education.
Chapter 2 illustrates two different views of abstract mathematical concepts like numbers or functions: the operational and the structural view. The operational view comprehends concepts through operations and processes, while the structural view conceives them as static abstract objects. To fully understand a concept, both views are required.
Chapter 3 deals with both historic and psychologic studies about the development of several central mathematical concepts. Both historic facts about the evolution of numbers and algebra (Chapter 3.1) as well as a study about solution strategies for simple addition exercises, and studies about problems children or adolescents have when trying to understand algebraic concepts suggest that operational conceptions precede the structural ones. The transition from operational to structural conceptions comes with difficulties that sometimes cannot be fully overcome.
Finally, two theories regarding this transition are presented: the theory of reification
and the APOS Theory.
The practical part of the thesis analyzes a total of 135 exercises from schoolbooks of the Austrian secondary education, and 43 examination questions from the standardized written school leaving examination. All of the exercises are on the subject of functions. The analysis shows which exercises promote operational conceptions, and which ones promote structural conceptions of mathematical functions. For this analysis, Chapter 5 creates a hierarchical model based on the previously introduced theories consisting of the stages “directly guided actions” (operational), “selfdirected processes” (operational), and “full-fledged thought objects” (structural) for the classifications of the exercises.
The first part of the analysis (Chapter 6.1) shows, that the structure of Austrian schoolbooks generally supports a development according to the presented model. However, the topics “linear functions” and “exponential and logarithmic functions” — which contain about 40% of all relevant function-oriented exercises — hardly support the structural stage of “full-fledged thought objects”.
The second part of the analysis (Chapter 6.2) examines and categorizes function-related exercises corresponding to the stage “full-fledged thought objects”. In doing so, it shows that the stage “full-fledged thought objects” is promoted mostly by innermathematical exercises.
In the third part of the analysis (Chapter 6.3), it appears that exercises for the standardized written school leaving examination leave less radius of operation due to smaller steps in the exercise descriptions. This leads to many exercises not promoting the “self-directed processes” stage. In comparison to the exercises from schoolbooks, however, slightly more exercises promote the “full-fledged thought object” stage.