Gesellschaftsmodelle und inszenatorische Analogien
die "Aktionsanalytische Organisation" der Mühl Kommune Friedrichshof und amerikanische "Megachurches"
Author
Fanny Stapf
Advisor
Brigitte Marschall
Assessor
Brigitte Marschall
Abstract (deu)
Diese wissenschaftliche Arbeit versucht anhand von vier Analogien, die auf Ritualität, Theatralität, Inszenierungs¬strategien und manipulativen Rollendarstellungen beruhen, festzustellen, ob eine Gegenüber¬stellung zweier konträr wirkender Gesellschaftsphänomene möglich ist. Im Fokus steht das sozialutopische Gesellschaftsmodell der „ Aktionsanalytische Organisation“ („AAO“), gegründet von dem Aktionskünstler Otto Mühl und die religiös-wirtschaftlich orientierten amerikanischen „Megachurches“- Saddleback Church, Lakewood und LifeChurch.tv. Ausgehend von dem Drang der Individuen nach einer Existenz stabilisierenden Wir-Identität, die unter anderem durch die Anonymisierung in der Normgesellschaft nicht mehr auffindbar scheint, schließen sich Individuen gemeinschaftsbildenden Gruppen an, die ein Gefühl des Willkommenseins und der Akzeptanz vermitteln. Damit diese Gemeinschaften längerfristig bestehen können, dienen ihnen ritualisierte Prozesse mit therapeutischen Ansätzen als wichtige Grundlage. Um jene Beobachtung wissenschaftlich zu fundieren, dient Arnold van Genneps Werk „Übergangsriten“ und der hier erklärte dreiphasige Ritualprozess der Trennung-, Schwellen- und Umwandlungsriten als Basis. Die Kenntlichmachung aller dreier Riten in beiden Modellen ist die erste relevante Analogie. Allen Ritualen ist ein therapeutischen Charakter zu entnehmen, welcher sich subtil innerhalb der Darstellungsprozesse erkennen lässt (= die Selbstdar¬stellungsabende der AAO und die Gottesdienste der Megachurches) und mit Hilfe von Erving Goffmans „Rahmenanalyse“, explizit mit der „Modulation“, lesbar gemacht werden kann. Drei seiner „Moduln“ („Zeremonien, Sonderausführung, In-anderen- Zusammenhang-Stellen“) sind in beiden Gesellschaftsphänomenen enthalten und bilden die Brücke zu interaktionistischen, dramaturgischen und semiotischen Betrachtung der Inszenierungen der Kollektive, im Sinne Goffmans. Die Offenlegung der inszenatorischen Strategie innerhalb der Interaktionstheatralität der „AAO“ und der amerikanischen Megachurches lässt eine weiter Analogie entstehen und legt offen, dass sich in beiden Modellen ein Personenkult finden lässt, der durch den manipulativen Einsatz von Rollendarstellungen Autoritätsverhältnisse schafft.
Gesellschaftsmodelle und inszenatorische Analogien
die "Aktionsanalytische Organisation" der Mühl Kommune Friedrichshof und amerikanische "Megachurches"
Author
Fanny Stapf
Abstract (deu)
Diese wissenschaftliche Arbeit versucht anhand von vier Analogien, die auf Ritualität, Theatralität, Inszenierungs¬strategien und manipulativen Rollendarstellungen beruhen, festzustellen, ob eine Gegenüber¬stellung zweier konträr wirkender Gesellschaftsphänomene möglich ist. Im Fokus steht das sozialutopische Gesellschaftsmodell der „ Aktionsanalytische Organisation“ („AAO“), gegründet von dem Aktionskünstler Otto Mühl und die religiös-wirtschaftlich orientierten amerikanischen „Megachurches“- Saddleback Church, Lakewood und LifeChurch.tv. Ausgehend von dem Drang der Individuen nach einer Existenz stabilisierenden Wir-Identität, die unter anderem durch die Anonymisierung in der Normgesellschaft nicht mehr auffindbar scheint, schließen sich Individuen gemeinschaftsbildenden Gruppen an, die ein Gefühl des Willkommenseins und der Akzeptanz vermitteln. Damit diese Gemeinschaften längerfristig bestehen können, dienen ihnen ritualisierte Prozesse mit therapeutischen Ansätzen als wichtige Grundlage. Um jene Beobachtung wissenschaftlich zu fundieren, dient Arnold van Genneps Werk „Übergangsriten“ und der hier erklärte dreiphasige Ritualprozess der Trennung-, Schwellen- und Umwandlungsriten als Basis. Die Kenntlichmachung aller dreier Riten in beiden Modellen ist die erste relevante Analogie. Allen Ritualen ist ein therapeutischen Charakter zu entnehmen, welcher sich subtil innerhalb der Darstellungsprozesse erkennen lässt (= die Selbstdar¬stellungsabende der AAO und die Gottesdienste der Megachurches) und mit Hilfe von Erving Goffmans „Rahmenanalyse“, explizit mit der „Modulation“, lesbar gemacht werden kann. Drei seiner „Moduln“ („Zeremonien, Sonderausführung, In-anderen- Zusammenhang-Stellen“) sind in beiden Gesellschaftsphänomenen enthalten und bilden die Brücke zu interaktionistischen, dramaturgischen und semiotischen Betrachtung der Inszenierungen der Kollektive, im Sinne Goffmans. Die Offenlegung der inszenatorischen Strategie innerhalb der Interaktionstheatralität der „AAO“ und der amerikanischen Megachurches lässt eine weiter Analogie entstehen und legt offen, dass sich in beiden Modellen ein Personenkult finden lässt, der durch den manipulativen Einsatz von Rollendarstellungen Autoritätsverhältnisse schafft.