Abstract (deu)
Eine erfolgreiche und schillernde Persönlichkeit wie Madame d’Ora, die seit Jahrzehnten durch Portraits der besten Gesellschaftskreise in Wien, Paris und weiten Teilen Europas Berühmtheit erlangte, bricht in ihrem späten Oeuvre radikal mit ihrem etablierten Stil. Statt repräsentativen Modefotografien, Portraits und die Dokumentation gesellschaftlicher Großereignisse, fotografiert sie nach dem Zweiten Weltkrieg die Kadaver von Tieren in Pariser Schlachthöfen.
Die Intension meiner Arbeit ist es, mehr das „Warum“ als das „Wie“ in den Blick zu nehmen. Grundlegend scheint für mich die biografische Herangehensweise: zunächst soll der Bruch in ihrem Leben sichtbar gemacht werden, welcher mit dem Bruch in ihrem Oeuvre einher geht. Die Untersuchung ihrer Wiener Arbeitsweise deutlich machen, wie sehr sich ihre über Jahrzehnte hinweg etablierte Bildsprache ändert, als sie nach 1945 erstmals selber mit einer Mittelformatkamera fotografiert. Obwohl die Motivwahl völlig isoliert in ihrem Oeuvre steht, lässt sich durch Vergleiche zeigen, dass d’Ora nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer neuen Bildsprache findet, die sich auch in anderen Fotografien zeigt.
Meine Ergänzungen über den Schlachtprozess selber sollen helfen, die Fotografien genauer zu betrachten, um sie zu ‚verstehen’ – sofern das in Verbindung mit dem Töten von Tieren möglich ist. In einem letzten Schritt komme ich zu einer neuen Lesart dieser Aufnahmen. Grundlegend hierfür sind meine Ausführungen zum ‚Gedächtnis’ und dem Unterbewusstsein. Hinzu kommt die mediale Vermittlung des Holocaust und Madame d’Oras eigene Kriegserfahrungen bzw. das Schicksal ihrer Familie. Vor allem die Lösung der Fotografien aus der Lesart des Tierschutzes soll ein erster Schritt sein, diese Fotografien neu zu lesen und zu interpretieren.