Abstract (deu)
Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird untersucht, ob und inwieweit sich die sozialpolitischen Ereignisse der letzten 25 Jahre (der Fall des Eisernen Vorhangs 1989, der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 1995 bis hin zur Aufnahme der osteuropäischen Staaten in die EU 2004) und die damit einhergehenden gesellschaftspolitischen Veränderungen auf die Situation der fremdsprachigen und sprachlich-interkulturellen Theaterszene Wiens seit Beginn des 21. Jhdts. ausgewirkt haben. Ich ging von der Hypothese aus, dass sich die fremdsprachige und sprachlich-interkulturelle Theaterlandschaft aufgrund der genannten sozialpolitischen Einschnitte vergrößert haben müsste.
Der erste Teil soll über historische Fakten und Begebenheiten sowie über theoretische Überlegungen zu Sprache, Kultur, Identität und Theater an das Thema heranführen. Auch bringt der erste Teil Modelle und diesbezügliche Beispiele aus anderen europäischen Regionen. Im zweiten Teil habe ich einerseits versucht, die fremdsprachigen Theateraufführungen innerhalb Wiens zu erfassen und, wenn möglich, nach ihren Intentionen (Zielgruppe, Publikum, didaktischer Zweck, identitätsstiftend, etc.) zu erkunden, andererseits die sprachlich-interkulturellen Produktionen auf Wiener Bühnen zu erfassen und auch hier die künstlerischen, gesellschaftspolitischen oder Sprachgrenzen überwindenden Absichten zu beleuchten. Weiters wurden ausgewählte Inszenierungen hinsichtlich ihrem „Grad der Interkulturalität“ an Entsprechungen mit Modellen der Theaterwissenschafterin Gabriele C. Pfeiffer analysiert.
Als Methoden bediene ich mich der theaterhistorischen, philologischen und soziologischen in Teil I., während in Teil II. die Bestandsaufnahme/Quellenforschung so wie die philologische, dokumentarische und analytische Methode zur Anwendung kommen.
Da der Zeitrahmen fast bis in die Gegenwart reicht, war es teilweise schwierig, unabhängige gedruckte Quellen zu den Produktionen zu finden, die informativ und zugleich objektiv sind; somit war ich auf Kritiken sowie Programmhefte, Broschüren/Folder der jeweiligen Theater und Kulturinstitutionen angewiesen sowie auf deren Internetauftritte.
Innerhalb der fremdsprachigen Theaterlandschaft (es wurde vor allem auf Sprachen des EU-Raums sowie auf Minderheiten- und Migrantensprachen untersucht) ergibt sich ein inhomogenes Ergebnis, da die Frequenz der jeweiligen fremdsprachigen Inszenierungen von einem fast täglichen En-suite-Betrieb bis zu einem Gastspiel während der letzten 14 Jahre reichte; dennoch lässt sich von einem leichten Zuwachs an fremdsprachigen Aufführungen sprechen, die nicht unbedingt als Folge der politischen Ereignisse zwischen 1989 und 2004 zu werten sind, da seit dem Jahr 2000 auch „westliche“ Sprachen vermehrt als Bühnensprachen aufscheinen.
Im Bereich des sprachlich-interkulturellen Teils lässt sich im Laufe der letzten 14 Jahre auch ein leichter Zuwachs an Theatergruppen und Spielstätten registrieren, da es seit dem Jahr 2000 einige Neugründungen gab, doch mussten einige interkulturell wirkende Theater aufgrund der gekürzten Fördersituationen ihre Pforten schließen.
Es gibt in Wien eine Palette an fremdsprachigen Theateraufführungen und etliche Beispiele an sprachbezogenem, interkulturellem Theater, allerdings machen, besonders im fremdsprachigen Bereich, Gastspiele, auch in Form von Festivals, einen Großteil der Produktionen aus. Neben den Angeboten für Erwachsene wurde in beiden Bereichen auch das Kinder- und Jugendtheater beleuchtet, wobei hier auch die didaktische Ebene eine Rolle spielt.
Zu den vorhanden Angeboten würde die Kultur- und Weltstadt Wien mit ihrer Bevölkerungsvielfalt noch weitaus mehr an derartigen Angeboten vertragen, um den vielen Sprachen und Ethnien, die hier leben, zu entsprechen.
Diese Diplomarbeit versucht, Einblicke zu Teilaspekten eines komplexen, immer aktueller werdenden Themas zu vermitteln, das ständigen Veränderungen unterworfen ist, denn Sprachen und Interkulturalität im Kontext von Theater und Bühnenarbeit sind nichts Statisches und basieren auf der Sichtweise aus neuen Perspektiven, zumal auch der Kulturbegriff ständigen Veränderungen unterworfen ist.