Abstract (deu)
Da die Abwehr von Fressfeinden im tropischen Regenwald für Pflanzen eine existentielle Notwendigkeit darstellt und vor allem die jungen Blätter die kostbarsten und gleichzeitig aber auch herbivorie-anfälligsten Teile einer Pflanze sind, haben sich unterschiedlichste Mechanismen entwickelt, um potentielle Fressfeinde zu bekämpfen und fernzuhalten. Pheidole bicornis schützt ihre Wirtspflanzen, myrmekophytische Piper-Arten, durch zwei unterschiedliche Mechanismen. Bei der ersten Strategie handelt es sich um einen induzierbaren Abwehrmechanismus: Bei Stammverletzung gibt die Pflanze Duftstoffe frei, die die Ameisen zum Rekrutieren auffordern und zur Bekämpfung des Schädlings führen. Bei der zweiten Strategie handelt es sich um einen konstitutiven Abwehrmechanismus. Die jungen Blätter von P. fimbriulatum und P. obliquum werden regelmäßig patrouilliert, was einen enormen Vorteil für die Fitness der jungen Blätter darstellt.
Hauptaugenmerk dieser Untersuchung war, festzustellen, wodurch das Patrouillier-Verhalten auf den jungen Blättern ausgelöst wird. Im Vergleich zu anderen Myrmekophyten, deren Ameisen ein Patrouillier-Verhalten auf den jungen Blättern zeigen, ergeben sich zwei Möglichkeiten. Der Ameisenpartner wird entweder durch Nahrung angelockt, die von der Wirtspflanze produziert wird, oder die jungen Blätter geben Duftstoffe frei, die die Ameisen zum Patrouillieren anregen.
Im Zuge dieser Untersuchung konnten erstmals Pearl bodies auf den jungen Blättern von P. obliquum und P. fimbriulatum nachgewiesen werden. Die Korrelation von Ameisenanzahl und Pbs-Anzahl auf den jungen Blättern sowie der signifikante Unterschied in der Ameisenaktivität zwischen jungen Blättern mit Pbs und ohne Pbs weisen darauf hin, dass das Patrouillier-Verhalten von Pheidole bicornis auf P. obliquum und in den späteren Stadien auch bei P. fimbriulatum von den Pbs ausgelöst wird. Ein weiterer Beweis ist bei P. fimbriulatum der deutliche Anstieg der Patrouillier-Aktivität ab dem Zeitpunkt der einsetzenden Pbs-Produktion.
Dass die Pearl bodies der jungen Blätter wohl als Nahrungsquelle dienen, wurde durch deren anatomische Ähnlichkeit mit den Futterkörperchen des Petiolus und mikrochemische Tests gezeigt. Es wird vermutet, dass die Pbs eine zusätzliche Kohlenhydratquelle für die patrouillierenden Arbeiterinnen darstellen könnten, da der Kohlenhydratanteil in den Fks des Petiolus sehr gering ist.
Fischer et al. (2002) geht in ihrer Untersuchung davon aus, dass die Futterkörperchen im Petiolus die einzige Nahrungsquelle der Ameisen darstellen. Durch die Entdeckung der Pearl bodies auf den jungen Blättern konnte diese Annahme widerlegt werden. P. obliquum und P. fimbriulatum bieten für Pheidole bicornis also zwei unterschiedliche Nährstoffquellen an, was für ein duales System, das auch bei vielen anderen Myrmekophyten vorkommt, spricht.
Da P. fimbriulatum auch in den ersten drei Blattstadien patrouilliert wird, obwohl keine Pearl bodies angeboten werden, liegt die Annahme nahe, dass Duftstoffe dieses Verhalten induzieren. Zudem konnte durch Blattquerschnitte eine Schicht mit Ölzellen festgestellt werden, die sich bei P. fimbriulatum im Laufe der Blattentwicklung sukzessive auflösen. Falls diese Zellen Duftstoffe enthalten, könnten sie möglicherweise über die zahlreichen Trichome von P. fimbriulatum, abgegeben werden. Dass Pheidole bicornis auf Duftsignale ihrer Wirtspflanze reagiert, konnte bereits anhand einiger Untersuchungen festgestellt werden (Mayer et al 2008).
Die Ergebnisse dieser Untersuchung lassen vermuten, dass sowohl Pearl bodies als auch Duftstoffe das Patrouillier-Verhalten auf den jungen Blättern von P. fimbriulatum und P. obliquum auslösen. Während P. obliquum den Ameisenpartner vermutlich ausschließlich über Pearl bodies anlockt, scheinen bei P. fimbriulatum in den früheren Blattstadien zuerst Duftstoffe ausschlaggebend für das Patrouillier-Verhalten zu sein, während Pearl bodies die Arbeiterinnen in den letzten beiden Blattstadien anlocken.