Abstract (deu)
Bisherige Forschungen zeigten, dass für das Gefallen verschiedener Musikstücke und –stile eine Vielzahl von musik-, personen-, und situationsbezogener Variablen verantwortlich sind, die in komplexen Verbindungen zueinander stehen (Brattico et al., 2013; Rentfrow & McDonald, 2009). Eine wichtige Komponente bei der Bildung von Musikpräferenzen stellt unter anderem die wahrgenommene Komplexität der Musik dar (Hargreaves, Miell, & MacDonald, 2005). In einer Studie fanden Rentfrow und Gosling (2003) einen positiven Zusammenhang zwischen Intelligenzleistungen und stabilen Präferenzen für komplexere Musikgenres und argumentierten, dass mit der Höhe der Intelligenz das Bedürfnis nach kognitiver Stimulation und somit das Gefallen an musikalischer Komplexität steigt. Kanazawa und Perina (2012) konnten diese Befunde replizieren, jedoch verneinten sie den Einfluss der Komplexität bei der Präferenzbildung, da sie eine evolutionäre Theorie vertreten, wonach intelligentere Menschen Instrumentalmusik, d.h. Musik in der kein Gesang vorkommt, stärker präferieren als weniger intelligente. In der vorliegenden Studie wurde erstmals untersucht, inwieweit Gefallens- und Komplexitätsurteile von vorgespielten Musikausschnitten mit Ausprägungen der fluiden und kristallinen Intelligenz in Verbindung stehen. Dies geschah unter Berücksichtigung des Musikgeschmacks, der Emotionalen Intelligenz, den Big Five Dimensionen, der Musikalischen Erfahrenheit, der Stimmung vor dem Experiment und der soziodemographischen Merkmale. Es wurden 48 Musikausschnitte mit Romantischer Klaviermusik aus dem 19. Jahrhundert eingesetzt, welche von den ProbandInnen hinsichtlich subjektiver Komplexität, Gefallen, Erregung und Vertrautheit bewertet wurden. Die untersuchte Stichprobe bestand aus 133 Psychologiestudierenden der Universität Wien. Die Ergebnisse zeigten, dass Personen mit hoher fluider Intelligenz, die Stimuli als weniger komplex bewerteten als Personen mit niedriger fluider Intelligenz. Für die kristalline Intelligenz konnte hinsichtlich subjektiver Komplexität kein signifikanter Effekt gefunden werden. Bezüglich der Gefallensurteile konnten weder für die fluide noch für die kristalline Intelligenz signifikante Effekte gefunden werden. Die Ergebnisse widerlegten sowohl die Annahmen nach Rentfrow und Gosling (2003), als auch jene nach Kanazawa und Perina (2012). Jedoch konnte gezeigt werden, dass bei Personen mit hoher Emotionaler Intelligenz die Stimuli signifikant mehr Gefallen hervorriefen als bei jenen mit niedriger.