Abstract (deu)
Im Schnittfeld von Geschichts- und Archivwissenschaft angesiedelt ist diese Dissertation ein Beitrag zu Analyse und Interpretation von archivalischen Quellen aus dem Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit. Es wird gezeigt, auf welche Weise und in welchem Maße der Entstehungs- und Überlieferungszusammenhang dieser Quellen deren Typologien und deren Aussagekraft determinieren. Dies wurde exemplarisch an den Archivbeständen des Herzogenburger Stiftsarchivs dargestellt, welches auch die Überlieferung des unter Kaiser Joseph II. aufgehobenen Chorherrenstiftes Dürnstein enthält. Beabsichtigt war nicht, die Geschichte der Stifte Herzogenburg oder Dürnstein nachzuzeichnen, sondern der Historizität der Quellen und ihrem Kontext selbst nachzugehen.
In einer vergleichenden archivhistorischen Untersuchung wird die Genese klösterlicher archivalischer Textsorten anhand der Entwicklung von Ablagesystematiken und Verwahrtraditionen dargestellt. Die gängige Unterscheidung von „Prälatenarchiven“ und „Hofrichterregistraturen“ wird diskutiert und differenziert. Analysen der spätmittelalterlichen Überlieferung aus Herzogenburg und Dürnstein stellen die Vernetzungen zwischen urkundlichen Ausfertigungen, Amts- und Geschäftsbüchern sowie Anfängen des Aktenwesens heraus und erläutern die Verfestigung von Quellengattungen im Zusammenhang von Überlieferungschance und Überlieferungszufall. In ausgewählten Beispielen aus der frühneuzeitlichen Entwicklung der Herzogenburger Stiftsämter und des klösterlichen Rechnungswesen wird dem Zusammenhang von Geschäftsgängen, Verwaltungsabläufen, Registraturgewohnheiten und Archivierungsvorgängen, Amtsinstruktionen und klösterlichen Statuten nachgegangen. Es werden die Ein- und Zuordnungsmöglichkeiten des überlieferten Archivguts herausgestellt und Informations- und Evidenzwert der Quellen erläutert. Dem Zusammenhang von Archiv und Biographie und der Frage nach dem lebensgeschichtlichen Quellenwert archivalischen Schriftguts wird am Beispiel des Herzogenburger Propstes Maximilian Herb (reg. 1687 - 1709) nachgegangen. Abschließend wird dargestellt, in welcher Weise die archivalischen Quellen und das zeitgenössische Verwaltungsschriftgut die Grundlage für die Produktion frühneuzeitlicher Historiographien bildeten.