Abstract (deu)
Der Mönchsyogi Sgam po pa Bsod nams rin chen (1079–1153) spielte in der Zeit der späteren Verbreitung des Buddhismus in Tibet eine tragende Rolle. Er errichtete den ersten Klostersitz der Bka’ brgyud pa und wird von der tibetisch-buddhistischen Tradition gemeinhin als Gründungsvater der sogenannten vier großen und acht kleinen Dwags po bka’ brgyud-Unterschulen betrachtet. Des Weiteren wird ihm die Schaffung einer Synthese zweier auf den ersten Blick als unvereinbar geltender Lehrsysteme zugeschrieben: während das stark Sūtra-basierte Bka’ gdams-System das Mönchstum betont, betont das mehr Tantra-orientierte Bka’ brgyud-System die mahāmudrā-Lehre und damit einhergehend den Lebenswandel eines Yogis.
Die Vier Dharmas des Sgam po pa (Dwags po chos bzhi) werden ganz allgemein als eine Kurzdarstellung von Sgam po pa’s Lehrsystem betrachtet, welche die buddhistische Lehre, sowohl Sūtra als auch Tantra, in ihrer Gesamtheit zusammenfasst. Bedingt durch die Mehrdeutigkeit der vier kurzen Formulierungen bildeten sich schon sehr früh unterschiedliche Deutungsansätze heraus. Der erste Teil dieser Untersuchung konzentriert sich weitgehend auf den Inhalt, die Beziehung mit ähnlichen tibetisch-buddhistischen Unterweisungen, den Ursprung und die Wirkungsgeschichte dieser Lehre, die in westlichen Untersuchungen bisher nur marginal behandelt wurde. Der zweite Teil der Arbeit präsentiert diverse Text-Editionen von Kommentaren, die Sgam po pa und weiteren späteren Meistern zugeschrieben werden, sowie englische Übersetzungen der Werke, welche die im ersten Teil zum Ausdruck gebrachten Beobachtungen beispielhaft belegen. Ein kurzer Schlussteil fasst die Ergebnisse zusammen.
Diese Dissertation bietet neben einem ersten Überblick über die Vier Dharmas des Sgam po pa und deren Kommentarliteratur neue Einsichten in kulturelle Austauschprozesse zwischen den verschiedenen tibetisch-buddhistischen Traditionen im Laufe der zweiten Verbreitung des Buddhismus in Tibet.