Abstract (deu)
Die Medienberichterstattung zu Tinder präsentiert die Smartphone-Application als Revolution der Liebe im 21. Jahrhundert. Verschiedene Berichte schreiben ihr neue Möglichkeiten im Ausleben von Liebe zu, unabhängig davon welchem Geschlecht man sich zuordnet. Forschungen zeigen aber, dass gerade im Online-Dating neue Machtordnungen zwischen Frauen und Männern entstehen. Diese Arbeit geht davon aus, dass auch durch solche als revolutionär gehandelten Dating-Apps ein Verständnis von Liebe konstruiert wird, das Geschlechterhierarchien bestehen lässt. Dies untersuche ich an der medialen Online-Berichterstattung zu Tinder in den Ländern Österreich, Deutschland und der Schweiz im Zeitraum von Jänner 2013 bis Jänner 2015. Anhand des theoretischen Konzeptes der love power nach Anna G. Jónasdóttir und der Kritischen Diskursanalyse nach Siegfried Jäger stelle ich dar, wie Liebe darin verhandelt wird und welche Bedeutung dies für das vermittelte Geschlechterverhältnis zwischen Männern und Frauen hat. So wird sichtbar, dass über Liebe in den beiden zentralen Begriffen Begehren und Vertrauen gesprochen wird. Diese ordnen sich im Diskurs gegensätzlich an und strukturieren sich durch die Zeit. Vorgeordnet ist das körperliche Begehren, das sich gegenseitig bestätigt werden muss, bevor Vertrauen durch das Kennenlernen innerer Eigenschaften aufgebaut werden kann. Die beiden Begriffe sind geschlechtlich zugeordnet: Als Sehende und Prüfende erfüllen sich Männer im Diskurs das Bedürfnis nach körperlichem Begehren, als Schreibende verwirklichen Frauen ihren Wunsch nach Vertrauen. Durch die zeitliche Anordnung der beiden Elemente und deren geschlechtliche Zuteilung entsteht eine Form von Liebe, die die Erfüllung männlicher Bedürfnisse zur Bedingung macht. Damit wird Ausbeutung im zeitgenössischen Verständnis von Liebe auf strukturell männlicher Seite möglich und Geschlechterhierarchien können bestehen.