Abstract (deu)
Plectin, ein großes multifunktionelles Cytoskelettprotein vernetzt Intermediärfilamente
und vermittelt ihre Interaktion mit Aktinfilamenten und Mikrotubuli, den beiden anderen
Cytoskelett-Filamentsystemen. Plectin verankert auch Intermediärfilamente an strategisch
wichtigen Stellen der Zelle, wie Hemidesmosomen in basalen Keratinozyten, Costamere,
Z-Scheiben und neuromuskuläre Endplatten in Muskelzellen, der axonalen Membran von
Schwann-Zellen, fokalen Adhäsionen, Mitochondrien und dem Zellkern. Aufgrund dieser
Eigenschaften und der zusätzlichen Fähigkeit kompakte oligomere Strukturen ausbilden
zu können, wirkt Plectin Zell- und Gewebe-stabilisierend und zeichnet für die
Aufrechterhaltung der Integrität, insbesondere von Geweben die großen mechanischen
Belastung ausgesetzt sind, wie Haut, Skelettmuskel und Blutgefäße, verantwortlich.
Plectin wird in einer Vielzahl von Zelltypen und Geweben exprimiert, und zwar in Form
mehrerer Proteinisoformen, die durch differentielles Spleißen alternativer erster Exons
aus einem einzigen Gen (PLEC) entstehen. Durch die Verwendung unterschiedlicher
Promotoren für die einzelnen ersten Exons kommt es zur Zelltyp-spezifischen Expression
der Isoformen.
Mutationen im Plectingen werden autosomal-rezessiv vererbt und führen zu
Epidermolysis bullosa simplex (EBS) assoziiert mit Muskeldystrophie und/oder
Myasthenie-Syndrom, Pylorusatresie, Ptosis und Ophthalmoplegie. Die einzige
autosomal-dominante Mutation im Plectingen ist als „Ogna-Mutation“ bekannt und
beruht auf einer Missense-Mutation in einer Domäne des Proteins, die in allen Isoformen
vorkommt. Träger dieser Mutation zeigen einen Phänotyp, der sich nur in der Haut
manifestiert. Diese natürlich vorkommende Mutation stellt somit ein ideales System dar,
um etwaige Haut-spezifische Funktionen von Plectin zu identifizieren und den
Pathomechanismus der Mutation auf molekularen Ebene untersuchen.
Im ersten Abschnitt meiner Dissertationsarbeit stellte ich eine („knock-in“) Mauslinie
her, bei der das Plectingen in einem der beiden Allele mit einem die Ogna-Mutation
enthaltendem Gen ersetzt wurde. Dieser Teil der Arbeit umfasst Kapitel über die
Konstruktion des Targeting-Vektors, die Züchtung, Elektroporation, und Selektion von
embryonalen Stammzellen mit nur einem mutierten Allel, die Produktion von chimären
Mäusen nach Blastozysteninjektion und den Nachweis der Keimbahntransmission. Ferner
Summary 4
werden Versuche beschrieben, welche die Expression der Mutation in verschiedenen
Mausgeweben und primären Keratinozyten bestätigen.
Im zweiten Teil der Arbeit präsentiere ich die phänotypische Charakterisierung dieser
Knock-in-Mauslinie. Als wichtigste pathologische Merkmale, fand ich deutlich erhöhte
Fragilität der Haut, und weniger, kleinere, und nicht-funktionelle Hemidesmosomen,
gekennzeichnet durch eine Störung der Verankerung von Keratinfilamenten am inneren
hemidesmosomalen Plaque. Unter Verwendung Isoform-spezifischer Antikörpern konnte
ich zeigen, dass die als P1a bekannte Plectinisoform in der Epidermis von Ogna-Mäusen
sowie daraus isolierter primärer Keratinozyten fehlt. Weitere ex-vivo-Studien mit
primären Keratinozyten zeigten, dass aus Ogna-Mäusen isolierte Keratinozyten weniger
widerstandsfähig gegen Stress (z.B. hypo-osmotischer Schock) sind, schneller migrieren
als ihre Wildtyp-Gegenstücke, und keine Integrin-Clusterbildung aufweisen. Außerdem
fand ich, dass nach transienter Expression von Wildtyp-P1a, im Gegensatz zu anderen
Isoformen, die normale Keratin-Cytoskelett-Organisation in Plectin-defizienten
Keratinozyten wieder hergestellt werden konnte. Skelett- und Herzmuskel zeigten keine
funktionellen oder strukturellen Anomalien. Diese Daten weisen eindeutig auf eine große
Bedeutung von P1a für die Struktur und Funktionalität von Hemidesmosomen hin.
Für den letzten, mehr biochemischen Teil meiner Arbeit, exprimierte ich die zentrale
Stabdomain von Plectin in Sf9-Zellen mit Hilfe rekombinanter Baculoviren. Ich konnte
zeigen, dass die Stabdomäne in der Lage ist zu dimerisieren und weitere Formen
hochgeordneter oligomerer Strukturen zu bilden. Im Vergleich zu Wildtyp-Oligomeren,
erwiesen sich die aus Ogna-mutiertem Plectn gebildeten Oligomere als weniger resistent
gegenüber Hitze und Denaturierungsmitteln wie Harnstoff. Die geringere Stabilität der
Ogna-Stabdomäne ist wahrscheinlich auf die lokale Entfaltung ihrer coiled-coil-Struktur
und die damit verbundene verminderte Sekundärstruktur-Ausbildung zurückzuführen.
Eine Suche nach Bindungspartnern der mutierten Stabdomäne offenbarte seine
Assoziation mit Serin-Proteasen.
Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Experimente führten zur Entwicklung
eines neuen, die Selbstassoziation von Plectinmolekülen miteinbeziehenden
Strukturmodells für Hemidesmosomen, und sie geben Einblicke in die molekularen
Mechanismen die zur Blasenbildung der Haut bei EBS-Ogna führen.