Abstract (deu)
Mitte des 20. Jahrhunderts stellte der Kunsthistoriker Werner Haftmann die Behauptung auf, abstrakte Kunst stelle eine universale Sprache dar, die von allen Menschen verstanden werde (Haftmann, 1954). Der Erfolg bisheriger Forschungsanstrengungen diesbezüglich blieb aus – bis dato konnten keine eindeutigen Hinweise dafür gefunden werden, dass abstrakte Kunst als Universalsprache angesehen werden könne. Dem Modell von Leder, Oberst, Belke und Augustin (2004) zufolge werden ästhetische Emotionen und ästhetische Urteile vom Ausmaß der Kunstexpertise beeinflusst. Zudem konnten Studien zeigen, dass emotionale Regungen mit Veränderungen der Gesichtsmuskelaktivität einhergehen. Die hier vorgestellte Studie untersucht, ob abstrakte Kunst in Unabhängigkeit der Kunstexpertise eine universale emotionale Sprache darstellt. 74 Personen mit hohem/geringem Ausmaß an Kunstexpertise wurden gebeten, 40 abstrakte und 40 figurale Kunstwerke hinsichtlich des Gefallens, der Komplexität, der emotionalen Valenz und der emotionalen Aktivierung subjektiv einzuschätzen – während der Bildbetrachtung wurden Ableitungen der Gesichtsmuskelaktivität im Bereich der Muskelregionen um den Corrugator supercilii und den Zygomaticus major durchgeführt. Es fanden sich Hinweise darauf, dass abstrakte Kunst als unabhängig von der Kunstexpertise eine emotionale Universalsprache darstellt. Des Weiteren konnten die Ergebnisse bisherige Forschungsanstrengungen replizieren, indem sie zeigten, dass Kunstexpertise das Kunsterleben sowohl behavioral als auch physiologisch beeinflusst.