Abstract (deu)
In der vorliegenden Arbeit „Ehehygiene und ihre Vermittlung in Wien 1919-1933 unter besonderer Berücksichtigung des Aufklärungsfilms HYGIENE DER EHE (1922)“ steht die biologische und psychologische Ehehygiene in Wien in der Zwischenkriegszeit im Mittelpunkt. In dieser Zeit konnte sich in Wien nach der Loslösung von Niederösterreich eine eigene Sozialpolitik etablieren, die in dieser Form innerhalb Österreichs einmalig war.
Die grundlegenden Fragestellungen lauten, welche Medien benutzt werden, um die Ehehygiene zu vermitteln, welche Form der Ehehygiene in den jeweiligen Medien vermittelt wird, welche Strategien dabei verwendet werden und ob dem Film dabei eine exponierte Stellung einzuräumen ist. Dabei wird auch das Konzept der Sozialhygiene berücksichtigt, da dieses grundlegend für den Aufbau des Wohlfahrtswesen der Stadt Wien unter dem Gesundheitsstadtrat Julius Tandler war, in dessen Kontext sich die Ehehygiene einordnen lässt. Als Medien werden die Beratungsstellen (die „Städtische Eheberatungsstelle“, die „Beratungsstellen der Sozialistische Gesellschaft für Sexualberatung und Sexualforschung“ und die „Frauenschutzberatungsstelle“), die Aufklärungsschriften „Die vollkommene Ehe“ von Theodoor van de Velde und „Wie die Frau den Mann erlebt“ von Sofie Lazarsfeld sowie der Aufklärungsfilm HYGIENE DER EHE herangezogen. An ihnen wird das Konzept der biologischen und psychologischen Ehehygiene erläutert und gezeigt, dass jedes Medium andere Möglichkeiten nutzt, um das von ihm vertretene Konzept zu vermitteln. Während die psychologische Ehehygiene ein Interesse daran hatte, das Eheleben der Menschen in sexueller Hinsicht positiver und schöner zu gestalten, geht es der biologischen Ehehygiene vor allem darum, die Voraussetzung für gesunden Nachwuchs zu schaffen und die Menschen zu mehr Verantwortungsbewusstsein zu „erziehen“, wobei der Frau als Mutter hier eine besondere Rolle zukommt. Bei der biologischen Ehehygiene steht der Volkskörper und nicht das Individuum im Fokus. Durch die Beschränkung auf die heterosexuelle Ehe haben sowohl biologische als auch psychologische Ehehygiene zur Verbreitung und Festschreibung der Heteronormativität beigetragen.
Um ihre jeweilig vertretenen Konzepte zu vermitteln, verwenden die Medien unterschiedliche Mittel: Die Beratungsstelle nutzen das gesprochene Wort, die Bücher greifen auf das geschriebene Wort und HYGIENE DER EHE auf filmische Mittel zurück, die es ihm ermöglichen Sachverhalte anschaulicher zu machen als in anderen Medien und woraus sich ein Mehrwert für die Verbreitung von Sozial- und Ehehygiene ablesen lässt.