Abstract (deu)
Im Rahmen dieses Diplomprojekts steht der gegenwärtig vorherrschende, biologisch-neurowissenschaftliche Diskurs rund um die Erklärungen psychischer Erkrankungen im Fokus.
Nach einer Auseinandersetzung mit biologischem Wissen im Feld der Psychologie im Allgemeinen und in dem der Klinischen Psychologie und Psychiatrie im Besonderen, folgt eine Beschäftigung mit diskurstheoretischen Ansätzen und den Überlegungen Foucaults zur Verbindung von Wissen und Macht.
Vor diesem Hintergrund wird folgende Forschungsfrage leitend: Welche diskursiven Strategien der Neurowissenschaften in Bezug auf psychische Erkrankungen lassen sich aus dem vorliegenden Material rekonstruieren? Wie werden psychische Erkrankungen in biologisch-neurowissenschaftlichen Texten dargestellt? Wie wird dabei ‚Wahrheit‘ produziert und Glaubwürdigkeit hergestellt? Zur Beantwortung der Fragestellung werden, an der Fakultät für Psychologie an der Universität Wien prüfungsrelevante, in erster Linie biologische Lehrbuchinhalte, im Rahmen derer psychische Erkrankungen behandelt werden, einer kritisch-diskursanalytischen Untersuchung unterzogen. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass der Vollzug des biologisch-neurowissenschaftlichen Narrativs abstrahiert und weit entfernt von Phänomenen des subjektiven Erlebens in einer Welt isolierter und biologisch anormalisierter Gehirne stattfindet. Daraus ergibt sich nicht nur eine Distanzierung von einem Erlebten und Gelebten, sondern auch eine De-Kontextualisierung und Individualisierung umfassender, weitläufiger Phänomene in die Sphäre der Biologie des einzelnen Individuums.
Dies entfaltet sich in einem, als naturwissenschaftlich-biologisch gerahmten Expertendiskurs, wobei dem diskursiven Einsatz von Hirnbildlichkeiten eine entscheidende, ‚wahrheitsverleihende‘ Funktion zukommt. Der untersuchte Diskurs wird als einziger als Diskurs der ‚Wahrheit‘ zugelassen, während alternative Diskurse inkorporiert oder überhaupt ausgelassen werden. An der Untersuchung des biologisch-neurowissenschaftlichen Diskurses über psychische Erkrankungen soll beispielhaft die zentrale Rolle von biologischen Wissensformationen im Macht-Wissen-Komplex im Feld der Psychologie aufgezeigt werden.