You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1323230
Title (eng)
Culture at large
the fundamental (f)laws of evolutionary psychology
Parallel title (deu)
Kultur in ihrer Gesamtheit: Die grundsätzlichen Gesetzmäßigkeiten und Mängel der evolutionären Psychologie
Author
David Zdravko Beraha
Adviser
Helmut Lukas
Assessor
Helmut Lukas
Abstract (deu)
Abstract (German) Evolutionäre Psychologie versucht die sozialen Phänomene des Menschen auf der Basis von Individuellen Neigungen zu erklären, welche von einer universellen Modulation der Psyche, die sich in einem angeblichen Umfeld der evolutionären Adaption auf Grund von wiederkehrenden Anpassungsproblemen, mit der die Menschheit konfrontiert war, formte. Kultur wird als etwas beschrieben, dass aus der individuellen Psyche hervorgeht, welche durch konstant wiederkehrende soziale und umweltbedingte Situationen geprägt wurde, was zu der Existenz von universellen Denk- und Handlungsmustern der Menschen führte. Basierend auf Modellen die schon in der Soziobiologie Anwendung fanden, wie beispielsweise dass der genetischen „Gesamtfitness“ oder insbesondere „Verwandtenselektion“, argumentiert die evolutionäre Psychologie damit, dass durch selektiven Druck auch Module enstanden sind, welche auf das soziale Umfeld reagieren, wenn sie spezifischen Input erhalten. Die evolutionären Psychologen Tooby und Cosmides kritisieren das „Einheitsmodell der Sozialwissenschaften“ auf Basis seiner Annahme, dass Einflüsse der Umwelt die der biologischen Anlagen übertrumpfen, genauer gesagt, dass es eine Dichotomie zwischen den beiden annimmt, welche ihnenzufolge aber nicht getrennt betrachtet werden können. Dabei konzipieren sie eine allumfassende Biologie in Form von angeborenen und allen Menschen zugrundeliegenden Programmen, die durch bestimmte Umwelteinflüsse und Phasen des Lebens aktiviert werden, und sogar spezifische, vorgefertigte Inhalte der Psyche mitsichbringen. Diejenigen Mechanismen, welche soziale Aspekte des Verhaltens der Menschen betreffen, führen zur Existenz einer „allgemeinen metakulturellen Struktur“ die als universale Basis dafür gilt, dass variable Kulturformen entstehen können. Theorien von AnthropologInnen die dem Paradigma des Kulturmaterialismus angehören, erklären Gesellschaft im Gegensatz nicht aufgrund von Neigungen und Handlungen der einzelnen Menschen, sondern verweisen auf äußere Einflüsse, sowie auf emergente Eigenschaften der Gesellschaft, welche nicht reduziert betrachtet werden können, ihrerseits aber sogar die Gedanken und Handlungen der Individuen beinflussen. Ein besonderer Kritikpunkt ist an die Arbeit des evolutionären Psychologen Steven Pinker gerichtet, welcher Studien über Jäger und Sammler benutzte um zu behaupten, dass der moderne Menschen friedfertiger geworden sei. Doch erstens waren die Gesellschaften auf die sich Pinker bezogen hat in Wahrheit nicht alle Jäger und Sammler sondern betrieben auch Hortikultur, was eine Form der Subsistenz darstellt die im Zusammenhang mit der Entstehung von Krieg steht. Zweitens bezieht sich Pinker auch auf Gesellschaften, welche zur Zeit der Erhebung bereits von den Auswirkungen der westlichen Kultur beeinflusst wurden, wie beispielsweise die Yanomami. Brian Ferguson widerlegt diese Theorie und zeigt, dass Jäger und Sammler generell keine organisierte Kriegsführung betrieben haben, indem er auf archeologische Evidenzen verweist. Evolutionäre Psychologie wurde von Vertretern diverser Disziplinen, sei es aus der Biologie, den Neurowissenschaften, der Anthropologie oder den Sozialwissenschaften, sowohl aus politischen als auch wissenschaftlichen Gründen kritisiert. Sahlins, Gould und Lewontin haben diese Art der Kritik schon gegen die Soziobiologie ausgeübt, welche eine Strömung darstellt, die als intellektueller Vorreiter der evolutionären Psychologie verstanden werden kann. Marshall Sahlins verwendete ethnographische Erhebungen um zu beweisen, dass Mechanismen der Soziobiologie, wie etwa Verwandtenselektion, keinen Erklärungsgehalt im Hinblick auf die Interaktionen der Menschen hat. Er kritisierte unter anderem auch, dass diese Erklärung von evolutionären Prozessen auf westlich-kapitalistischen Ideologien der individuellen Profitmaximierung basieren, welche zuallererst auf das Tierreich und folglich auf die menschliche Gesellschaft angewendet werden. Vergleiche zwischen den Neigungen von Menschen und anderen Tierarten, wurden schon von der Soziobiologie angewendet um soziale Phänomen des Menschen zu erklären. Obwohl evolutionäre PsychologInnen grundsätzlich die Eigenart der menschlichen Natur hervorheben, wird diese oft durch Bezugnahme auf Beobachtungen und Theorien über Tierverhalten begründet. Diverse Tierarten dienten als Modelle für menschliche Eigenschaften, allen voran wurden Erkenntnisse über unsere genetisch am nächsten Verwandten aus der taxonomischen Familie der Primaten, den Hominiden, im Besonderen über Schimpansen (Pan troglodytes) und Bonobos (Pan paniscus), herangezogen. Brian Ferguson und andere haben gezeigt, dass Umwelteinflüsse eine oft vernachlässigte Wirkung auf das Entstehen von aggressiven Verhaltensweisen haben, welche auch nicht auf angeborene Attribute reduziert werden können. David Adams brachte den Nachweis dafür, dass es keine individuelle, biologische Basis für die Entstehung von Krieg gibt. Dies wird erläutert indem er auf die Widerlegung von biologisch angeborenen Unterschieden der Aggressivität von Frauen und Männern verweist und auch betont, dass selbst wenn es diese gäbe, institutionell begründetes Verhalten keine direkte Repräsentation des individuellen Verhaltens der Menschen darstellt. Die Methode der evolutionären Psychologie um menschliche Universalien empirisch nachzuweisen, besteht darin, interkulturelle Studien heranzuziehen. Diese werden aber dahingehend kritisiert, dass sie oftmals auf Subjekten basieren, welche in Wahrheit aus wohlhabenden, industrialisierten, westlichen, und demokratischen Gesellschaften, mit hohem Bildungsstand stammen. Durch die Annahme, dass Jäger und Sammler als Modell für das Leben dienen können, welches unsere Vorfahren in einer „Umwelt der evolutionären Angepasstheit“ bewältigen mussten, werden auch hier menschliche Universalien gesucht. In dieser Hinsicht wurde die Kritik geäußert, dass die meisten Gesellschaften die hierfür herangezogen wurden, zur Zeit der Erhebung bereits von anderen Gesellschaften beeinflusst worden waren. Abschließend bleibt zu sagen, dass die evolutionäre Psychologie unmittelbare Ursachen durch eine Bezugnahme auf Endursachen hypothetisch erklärt, welche erst im nachhinein empirisch überprüft werden und sich dabei oftmals auf Beobachtungen von Tierverhalten beziehen. Folglich kann jede beobachtete Eigenschaft oder soziale Interaktion willkürlich und theoretisch auf die Effekte einer evolutionären Anpassung zurückgeführt werden, welche unsere Vorfahren mit einer bestimmten Häufigkeit konfrontierten. Dies führte angeblich dazu, dass spezifische Module im Gehirn entstanden sind, welche die Psyche in einer mehr oder weniger vorgefertigten Art auf externe und interne Stimuli reagieren lassen. Namhafte evolutionäre PsychologInnen wie Tooby und Cosmides behaupten, dass die einzigen alternativen Erklärungen der menschlichen Gesellschaft auf ideographisch orientierten Zugängen der Geisteswissenschaften basieren, wobei sie ignorieren, dass es auch nomothetisch orientierte Sozialwissenschaften wie die des Kulturmaterialismus gibt. Hiermit begründen sie ein falsches Dilemma, welches auf einem informellen Fehlschluss basiert.
Abstract (eng)
Abstract (English) Evolutionary psychology tries to explain human social phenomena on the basis of individual propensities which are caused by a universal modularity of the mind that evolved in a proposed “Environment of Evolutionary Adaptedness” (EEA), because of recurring adaptive problems the human species faced. Culture is explained as emerging from the individual mind that has been modulated due to adapting to consistently occurring environmental and social events, leading to the existence of universal human inclinations to think and act in a determined way. Based on models that have been used in sociobiology, like “inclusive fitness” and more specifically “kin selection“, evolutionary psychologists argue that selective pressures also led to the design of modules reacting to the social environment by responding to specific input. Evolutionary psychologists Tooby and Cosmides criticize the “Standard Social Science Model” (SSSM) on the basis of its assumption that nurture trumps nature or, more specifically, that it claims a false dichotomy between the two which according to them cannot be separated. Thereby, they are conceptualizing an all-encompassing biology in the form of programs that are innate in every human being and triggered in certain environments and life stages, even providing specific content that the mind comes pre-equipped with. Those mechanisms, that compute social aspects of human behaviour, lead to the existence of a “common metacultural structure” that serves as a universal basis, providing the possibility of transmitting variable cultural forms. In contrast, theories from anthropologists adhering to the paradigm of cultural materialism explain society not by referring to the propensities or actions of individual human beings, but instead by emphasising environmental impacts and irreducible, emergent properties of society, that – the other way around – actually influence individual thoughts and actions. A point of critique is directed in particular at the work of evolutionary psychologist Steven Pinker, who used hunter-gatherer studies to propose that in modern times, humans became more peaceful. First of all, the societies Pinker used to make his point were actually not all hunter-gatherers but also horticulturalists, a form of subsistence which is positively linked with the emergence of warfare. Secondly, Pinker also refers to societies that at the time of inquiry already had been influenced by the impact of Western culture, such as the Yanomami. Brian Ferguson disproves this theory and demonstrates via archaeological evidence that hunter-gatherer societies in general actually did not engage in organized warfare. Evolutionary psychology has faced much criticism from diverse disciplines, ranging from biologists, neuroscientists, philosophers, anthropologists and social scientists on scientific as well as political grounds. Sahlins, Gould and Lewontin started this line of critique already against sociobiology, a field which can be seen as intellectual precursor to evolutionary psychology. Marshall Sahlins used ethnographic data to prove that sociobiological mechanisms like kin selection have no explanatory value in regard to human interactions. He has also criticised that this explanation of evolutionary processes is based on western, capitalist ideologies of individual profit maximization, which are firstly applied to the animal kingdom and subsequently also to human society. Comparisons of human and non-human animal propensities as a basis for explaining human social phenomena have been utilized since sociobiology. Even though evolutionary psychologists emphasize a unique human nature in general, it is oftentimes constituted by referring to observations and theories of animal behaviour. Diverse species of animals have been used as a model for human traits, especially data about our genetically closest relatives from the taxonomic family of primates, Hominidae, namely the common chimpanzee (Pan troglodytes) and the Bonobo (Pan paniscus). Brian Ferguson and others have shown that the environmental influence has an often neglected impact on their expression of aggressive behaviour, which cannot be reduced solely to innate attributes. David Adams also provided evidence that there is no individual, biological basis for the emergence of warfare. This is exemplified based on the refutation that biologically innate gender differences in levels of aggression exist between women and men, also emphasizing that even if they would, human institutional behaviour is not a direct representation of human individual behaviour. The method of evolutionary psychology to empirically investigate these human universals consists of cross-cultural studies, which are criticized on the basis that they often rely on subjects that actually come from “Western, Educated, Industrialized, Rich and Democratic” (W.E.I.R.D.) societies. Also, by assuming that hunter-gatherer groups can be used as models for the life that our ancestors faced in the “environment of evolutionary adaptedness” (EEA), human universals are searched for. In this regard, critique has been expressed stating that most of the societies tested had actually already been influenced by the impact of other societies at the time of investigation. In conclusion, evolutionary psychology is explaining proximate causes with ultimate ones on a hypothetical basis, oftentimes drawing inspiration from observations of non-human animal behaviour, which are only subsequently investigated empirically. Following this, every observed trait or social interaction could be theoretically and arbitrarily based on the effects of adaptive pressures that our ancestors encountered with a certain frequency. This allegedly led to the creation of specific modules in the human brain, eliciting the mind to react in a more or less predetermined way to external and internal stimuli. Leading evolutionary psychologists like Tooby and Cosmides argue, that the only alternative explanation of human society lies in ideographic approaches of the humanities, ignoring the alternative hypotheses social scientist like cultural materialists provide on a nomothetic basis, thereby purporting a false dilemma based on an informal fallacy.
Keywords (eng)
Evolutionary psychologysociobiologycultural materialismhuman-animal comparisonsbiologismhistory of sciencephilosophy of scienceStandard Social Science ModelIntegrated Causal Modelkinselectioninclusive fitnessmodularity of the mindmethodological individualismholismuniversalismgradualismdeterminismreductionismenvironment of evolutionary adaptedness EEAsocial evo
Keywords (deu)
Evolutionäre PsychologieKulturmaterialismusMensch-Tier VergleichBiologismusWissenschaftsgeschichteWissenschaftstheorieSoziobiologieStandard Social Science ModelIntegrated Causal ModelVerwandtenselektionmodularity of the mindmethodologischer IndividualismusHolismusUniversalismusGradualismusDeterminismusReduktionismusenvironment of evolutionary adaptedness EEA
Subject (deu)
Subject (deu)
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1323230
rdau:P60550 (deu)
134 Seiten : Illustrationen
Number of pages
138
Members (1)
Title (eng)
Culture at large
the fundamental (f)laws of evolutionary psychology
Parallel title (deu)
Kultur in ihrer Gesamtheit: Die grundsätzlichen Gesetzmäßigkeiten und Mängel der evolutionären Psychologie
Author
David Zdravko Beraha
Abstract (deu)
Abstract (German) Evolutionäre Psychologie versucht die sozialen Phänomene des Menschen auf der Basis von Individuellen Neigungen zu erklären, welche von einer universellen Modulation der Psyche, die sich in einem angeblichen Umfeld der evolutionären Adaption auf Grund von wiederkehrenden Anpassungsproblemen, mit der die Menschheit konfrontiert war, formte. Kultur wird als etwas beschrieben, dass aus der individuellen Psyche hervorgeht, welche durch konstant wiederkehrende soziale und umweltbedingte Situationen geprägt wurde, was zu der Existenz von universellen Denk- und Handlungsmustern der Menschen führte. Basierend auf Modellen die schon in der Soziobiologie Anwendung fanden, wie beispielsweise dass der genetischen „Gesamtfitness“ oder insbesondere „Verwandtenselektion“, argumentiert die evolutionäre Psychologie damit, dass durch selektiven Druck auch Module enstanden sind, welche auf das soziale Umfeld reagieren, wenn sie spezifischen Input erhalten. Die evolutionären Psychologen Tooby und Cosmides kritisieren das „Einheitsmodell der Sozialwissenschaften“ auf Basis seiner Annahme, dass Einflüsse der Umwelt die der biologischen Anlagen übertrumpfen, genauer gesagt, dass es eine Dichotomie zwischen den beiden annimmt, welche ihnenzufolge aber nicht getrennt betrachtet werden können. Dabei konzipieren sie eine allumfassende Biologie in Form von angeborenen und allen Menschen zugrundeliegenden Programmen, die durch bestimmte Umwelteinflüsse und Phasen des Lebens aktiviert werden, und sogar spezifische, vorgefertigte Inhalte der Psyche mitsichbringen. Diejenigen Mechanismen, welche soziale Aspekte des Verhaltens der Menschen betreffen, führen zur Existenz einer „allgemeinen metakulturellen Struktur“ die als universale Basis dafür gilt, dass variable Kulturformen entstehen können. Theorien von AnthropologInnen die dem Paradigma des Kulturmaterialismus angehören, erklären Gesellschaft im Gegensatz nicht aufgrund von Neigungen und Handlungen der einzelnen Menschen, sondern verweisen auf äußere Einflüsse, sowie auf emergente Eigenschaften der Gesellschaft, welche nicht reduziert betrachtet werden können, ihrerseits aber sogar die Gedanken und Handlungen der Individuen beinflussen. Ein besonderer Kritikpunkt ist an die Arbeit des evolutionären Psychologen Steven Pinker gerichtet, welcher Studien über Jäger und Sammler benutzte um zu behaupten, dass der moderne Menschen friedfertiger geworden sei. Doch erstens waren die Gesellschaften auf die sich Pinker bezogen hat in Wahrheit nicht alle Jäger und Sammler sondern betrieben auch Hortikultur, was eine Form der Subsistenz darstellt die im Zusammenhang mit der Entstehung von Krieg steht. Zweitens bezieht sich Pinker auch auf Gesellschaften, welche zur Zeit der Erhebung bereits von den Auswirkungen der westlichen Kultur beeinflusst wurden, wie beispielsweise die Yanomami. Brian Ferguson widerlegt diese Theorie und zeigt, dass Jäger und Sammler generell keine organisierte Kriegsführung betrieben haben, indem er auf archeologische Evidenzen verweist. Evolutionäre Psychologie wurde von Vertretern diverser Disziplinen, sei es aus der Biologie, den Neurowissenschaften, der Anthropologie oder den Sozialwissenschaften, sowohl aus politischen als auch wissenschaftlichen Gründen kritisiert. Sahlins, Gould und Lewontin haben diese Art der Kritik schon gegen die Soziobiologie ausgeübt, welche eine Strömung darstellt, die als intellektueller Vorreiter der evolutionären Psychologie verstanden werden kann. Marshall Sahlins verwendete ethnographische Erhebungen um zu beweisen, dass Mechanismen der Soziobiologie, wie etwa Verwandtenselektion, keinen Erklärungsgehalt im Hinblick auf die Interaktionen der Menschen hat. Er kritisierte unter anderem auch, dass diese Erklärung von evolutionären Prozessen auf westlich-kapitalistischen Ideologien der individuellen Profitmaximierung basieren, welche zuallererst auf das Tierreich und folglich auf die menschliche Gesellschaft angewendet werden. Vergleiche zwischen den Neigungen von Menschen und anderen Tierarten, wurden schon von der Soziobiologie angewendet um soziale Phänomen des Menschen zu erklären. Obwohl evolutionäre PsychologInnen grundsätzlich die Eigenart der menschlichen Natur hervorheben, wird diese oft durch Bezugnahme auf Beobachtungen und Theorien über Tierverhalten begründet. Diverse Tierarten dienten als Modelle für menschliche Eigenschaften, allen voran wurden Erkenntnisse über unsere genetisch am nächsten Verwandten aus der taxonomischen Familie der Primaten, den Hominiden, im Besonderen über Schimpansen (Pan troglodytes) und Bonobos (Pan paniscus), herangezogen. Brian Ferguson und andere haben gezeigt, dass Umwelteinflüsse eine oft vernachlässigte Wirkung auf das Entstehen von aggressiven Verhaltensweisen haben, welche auch nicht auf angeborene Attribute reduziert werden können. David Adams brachte den Nachweis dafür, dass es keine individuelle, biologische Basis für die Entstehung von Krieg gibt. Dies wird erläutert indem er auf die Widerlegung von biologisch angeborenen Unterschieden der Aggressivität von Frauen und Männern verweist und auch betont, dass selbst wenn es diese gäbe, institutionell begründetes Verhalten keine direkte Repräsentation des individuellen Verhaltens der Menschen darstellt. Die Methode der evolutionären Psychologie um menschliche Universalien empirisch nachzuweisen, besteht darin, interkulturelle Studien heranzuziehen. Diese werden aber dahingehend kritisiert, dass sie oftmals auf Subjekten basieren, welche in Wahrheit aus wohlhabenden, industrialisierten, westlichen, und demokratischen Gesellschaften, mit hohem Bildungsstand stammen. Durch die Annahme, dass Jäger und Sammler als Modell für das Leben dienen können, welches unsere Vorfahren in einer „Umwelt der evolutionären Angepasstheit“ bewältigen mussten, werden auch hier menschliche Universalien gesucht. In dieser Hinsicht wurde die Kritik geäußert, dass die meisten Gesellschaften die hierfür herangezogen wurden, zur Zeit der Erhebung bereits von anderen Gesellschaften beeinflusst worden waren. Abschließend bleibt zu sagen, dass die evolutionäre Psychologie unmittelbare Ursachen durch eine Bezugnahme auf Endursachen hypothetisch erklärt, welche erst im nachhinein empirisch überprüft werden und sich dabei oftmals auf Beobachtungen von Tierverhalten beziehen. Folglich kann jede beobachtete Eigenschaft oder soziale Interaktion willkürlich und theoretisch auf die Effekte einer evolutionären Anpassung zurückgeführt werden, welche unsere Vorfahren mit einer bestimmten Häufigkeit konfrontierten. Dies führte angeblich dazu, dass spezifische Module im Gehirn entstanden sind, welche die Psyche in einer mehr oder weniger vorgefertigten Art auf externe und interne Stimuli reagieren lassen. Namhafte evolutionäre PsychologInnen wie Tooby und Cosmides behaupten, dass die einzigen alternativen Erklärungen der menschlichen Gesellschaft auf ideographisch orientierten Zugängen der Geisteswissenschaften basieren, wobei sie ignorieren, dass es auch nomothetisch orientierte Sozialwissenschaften wie die des Kulturmaterialismus gibt. Hiermit begründen sie ein falsches Dilemma, welches auf einem informellen Fehlschluss basiert.
Abstract (eng)
Abstract (English) Evolutionary psychology tries to explain human social phenomena on the basis of individual propensities which are caused by a universal modularity of the mind that evolved in a proposed “Environment of Evolutionary Adaptedness” (EEA), because of recurring adaptive problems the human species faced. Culture is explained as emerging from the individual mind that has been modulated due to adapting to consistently occurring environmental and social events, leading to the existence of universal human inclinations to think and act in a determined way. Based on models that have been used in sociobiology, like “inclusive fitness” and more specifically “kin selection“, evolutionary psychologists argue that selective pressures also led to the design of modules reacting to the social environment by responding to specific input. Evolutionary psychologists Tooby and Cosmides criticize the “Standard Social Science Model” (SSSM) on the basis of its assumption that nurture trumps nature or, more specifically, that it claims a false dichotomy between the two which according to them cannot be separated. Thereby, they are conceptualizing an all-encompassing biology in the form of programs that are innate in every human being and triggered in certain environments and life stages, even providing specific content that the mind comes pre-equipped with. Those mechanisms, that compute social aspects of human behaviour, lead to the existence of a “common metacultural structure” that serves as a universal basis, providing the possibility of transmitting variable cultural forms. In contrast, theories from anthropologists adhering to the paradigm of cultural materialism explain society not by referring to the propensities or actions of individual human beings, but instead by emphasising environmental impacts and irreducible, emergent properties of society, that – the other way around – actually influence individual thoughts and actions. A point of critique is directed in particular at the work of evolutionary psychologist Steven Pinker, who used hunter-gatherer studies to propose that in modern times, humans became more peaceful. First of all, the societies Pinker used to make his point were actually not all hunter-gatherers but also horticulturalists, a form of subsistence which is positively linked with the emergence of warfare. Secondly, Pinker also refers to societies that at the time of inquiry already had been influenced by the impact of Western culture, such as the Yanomami. Brian Ferguson disproves this theory and demonstrates via archaeological evidence that hunter-gatherer societies in general actually did not engage in organized warfare. Evolutionary psychology has faced much criticism from diverse disciplines, ranging from biologists, neuroscientists, philosophers, anthropologists and social scientists on scientific as well as political grounds. Sahlins, Gould and Lewontin started this line of critique already against sociobiology, a field which can be seen as intellectual precursor to evolutionary psychology. Marshall Sahlins used ethnographic data to prove that sociobiological mechanisms like kin selection have no explanatory value in regard to human interactions. He has also criticised that this explanation of evolutionary processes is based on western, capitalist ideologies of individual profit maximization, which are firstly applied to the animal kingdom and subsequently also to human society. Comparisons of human and non-human animal propensities as a basis for explaining human social phenomena have been utilized since sociobiology. Even though evolutionary psychologists emphasize a unique human nature in general, it is oftentimes constituted by referring to observations and theories of animal behaviour. Diverse species of animals have been used as a model for human traits, especially data about our genetically closest relatives from the taxonomic family of primates, Hominidae, namely the common chimpanzee (Pan troglodytes) and the Bonobo (Pan paniscus). Brian Ferguson and others have shown that the environmental influence has an often neglected impact on their expression of aggressive behaviour, which cannot be reduced solely to innate attributes. David Adams also provided evidence that there is no individual, biological basis for the emergence of warfare. This is exemplified based on the refutation that biologically innate gender differences in levels of aggression exist between women and men, also emphasizing that even if they would, human institutional behaviour is not a direct representation of human individual behaviour. The method of evolutionary psychology to empirically investigate these human universals consists of cross-cultural studies, which are criticized on the basis that they often rely on subjects that actually come from “Western, Educated, Industrialized, Rich and Democratic” (W.E.I.R.D.) societies. Also, by assuming that hunter-gatherer groups can be used as models for the life that our ancestors faced in the “environment of evolutionary adaptedness” (EEA), human universals are searched for. In this regard, critique has been expressed stating that most of the societies tested had actually already been influenced by the impact of other societies at the time of investigation. In conclusion, evolutionary psychology is explaining proximate causes with ultimate ones on a hypothetical basis, oftentimes drawing inspiration from observations of non-human animal behaviour, which are only subsequently investigated empirically. Following this, every observed trait or social interaction could be theoretically and arbitrarily based on the effects of adaptive pressures that our ancestors encountered with a certain frequency. This allegedly led to the creation of specific modules in the human brain, eliciting the mind to react in a more or less predetermined way to external and internal stimuli. Leading evolutionary psychologists like Tooby and Cosmides argue, that the only alternative explanation of human society lies in ideographic approaches of the humanities, ignoring the alternative hypotheses social scientist like cultural materialists provide on a nomothetic basis, thereby purporting a false dilemma based on an informal fallacy.
Keywords (eng)
Evolutionary psychologysociobiologycultural materialismhuman-animal comparisonsbiologismhistory of sciencephilosophy of scienceStandard Social Science ModelIntegrated Causal Modelkinselectioninclusive fitnessmodularity of the mindmethodological individualismholismuniversalismgradualismdeterminismreductionismenvironment of evolutionary adaptedness EEAsocial evo
Keywords (deu)
Evolutionäre PsychologieKulturmaterialismusMensch-Tier VergleichBiologismusWissenschaftsgeschichteWissenschaftstheorieSoziobiologieStandard Social Science ModelIntegrated Causal ModelVerwandtenselektionmodularity of the mindmethodologischer IndividualismusHolismusUniversalismusGradualismusDeterminismusReduktionismusenvironment of evolutionary adaptedness EEA
Subject (deu)
Subject (deu)
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