Abstract (deu)
Charakteristisch für die Gattung Euphorbia (Euphorbiaceae) ist das Cyathium, eine blütenähnlichen Infloreszenz (auch als Pseudanthium bezeichnet), die aus mehreren stark reduzierten männlichen und einer weiblichen Blüte besteht. Die Evolution dieser Konstruktion fand wahrscheinlich unter dem selektiven Druck der Insektenbestäubung statt. Nur bei wenigen Arten der großen Gattung Euphorbia, wurde die Bestäubung durch Insekten bis jetzt untersucht.
Die Euphorbia Arten, die in Europa heimisch sind, können grob in zwei Typen unterteilt werden. Entweder die Infloreszenz hebt sich durch Farbe und Gestalt vom vegetativen Teil der Pflanze ab, oder die Infloreszenz ist grün und kaum vom vegetativen Teil der Pflanze zu unterscheiden. In dieser Arbeit wurden die verschieden Bestäubungsstrategien europäischer Euphorbien untersucht, mit einem besonderen Augenmerk auf die möglichen Unterschiede zwischen unauffälligen und auffälligen Arten.
Natürliche Populationen der unauffälligen, einjährigen Art Euphorbia peplus, der unauffälligen mehrjährigen Art E. dulcis und der auffälligen mehrjährigen Arten E. amygdaloides, E. virgata und E. verrucosa wurden im Frühling 2015, an Standorten in und rund um Wien (Österreich) untersucht. Die Quantität, die Qualität und das Verhalten der Bestäuber wurden ermittelt. Weiters wurden morphologische Messungen an den Pflanzen durchgeführt, um Farbe, Größe und Gestalt der Infloreszenzen und der reproduktiven Strukturen miteinander vergleichen zu können. Der Duft der Infloreszenzen wurde mittels Gaschromatographie und Massenspektrometrie analysiert.
Generalisten-Insektenbestäubung wurde bei allen untersuchten Arten festgestellt. Die Bestäuber gehörten zum größten Teil zu den Ordnungen Diptera und Hymenoptera. Ameisen zählten zu den regelmäßigen Besuchern der untersuchten Arten; ihre Rolle als Bestäuber muss jedoch noch genauer erforscht werden. Auffällige Arten lockten weitaus mehr Bestäuber an als unauffällige Arten, diese transportierten auch mehr Pollen. Grundsätzlich konnten bei den untersuchten Arten drei verschiedene Strategien beobachtet werden.
(1) Die unauffälligen Arten lockten nur wenige, ineffiziente Bestäuber an. E. peplus produzierte keine offensichtlichen Lockmittel, E. dulcis produzierte Duft. Beide Arten boten als Belohnung Nektar an. Die Produktion von Samen schien unabhängig von der Bestäubung zu sein. (2) Die auffälligen Arten E. amygdaloides und E. virgata lockten eine Reihe verschiedener Bestäubertypen unterschiedlicher Taxa und Größe an, diese besuchten die Infloreszenzen relativ häufig, auch die Menge des transportierten Pollens war ähnlich. E. amygdaloides und E. virgata produzierten sowohl potentielle visuelle, als auch potentielle olfaktorische Lockmittel. Als Belohnung wurde Nektar angeboten und die Bestäuber konsumierten auch Pollen.(3) In der auffälligen Art E. verrucosa hat eine weitere Aggregation der Infloreszenz stattgefunden, die sowohl visuell als auch funktionell einer bisexuellen Blüte ähnelt. Diese könnte man als „Superpseudanthium“ bezeichnen. Durch diese Konstruktion waren die Bestäuberbesuche weitaus effektiver, als bei den anderen untersuchten Arten. E. verrucosa lockte hauptsächlich große effektive Bestäuber an, vor allem die Art Tenthredo solitaria (Hymenoptera). Die Pflanzen produzierten sowohl potentielle visuelle, als auch potentielle olfaktorische Lockmittel. Als Belohnung wurde Nektar produziert, die Bestäuber konsumierten auch Pollen. Weiters dienten die Infloreszenzen als „Rendez-vous-Ort“ und Paarungs-Plattform für Tenthredo solitaria.