Geschichtswissenschaftliche Arbeiten zu Großreichen nehmen diese selten als solche in den Blick und jene, die es tun tendieren dazu den ‚imperialen Zerfall‘ als Ausgangspunkt ihrer
Analyse zu wählen. Der ‚imperiale Ist-Zustand‘, also die Frage was es bedeutet ein Großreich zu sein [und als ein solches zu agieren], wird dagegen oft übergangen. Ein singulärer Fokus auf den ‚imperialen Zerfall‘ als Folge unvorhergesehener weltgeschichtlicher Ereignisse kann folglich den
Blick darauf verstellen, wie sich Großreiche während ihres Bestehens tatsächlich verhielten und so die historiographische Betrachtung verengen. Dies wird besonders bei den Großreichen
Habsburgs und Russlands deutlich. Durch eine Untersuchung dieser beiden Großreiche als Großreiche von 1854 bis 1914 versucht die vorliegende Arbeit diese Lücke zu schließen und
gleichzeitig den ersten Weltkrieg als determinierenden Faktor [dieser Zeit] zu neutralisieren. Als Beispiel hierfür sei angeführt, dass beide Großreiche bereits weit vor dem Krieg zunehmend in
eine scheinbar unausweichliche Spirale der Destabilisierung geraten waren, welche mit dem Krieg, der ihr Ende besiegeln sollte, nichts zu tun hatte. Gestützt auf global- und weltgeschichtliche Methodologie kombiniert die multidisziplinäre
Arbeit geschichtssoziologische, sowie wirtschafts- und, politikwissenschaftliche Ansätze mit traditioneller geschichtswissenschaftlicher Forschung. Dominic Lievens Aufforderung folgend, diplomatische Archive für mehr als nur Diplomatiegeschichte zu verwenden, wurden Britische
diplomatische Korrespondenzen herangezogen, um Berichte von engagierten Beobachtern ausfindig zu machen, deren Analyse wiederum auf einer breit angelegten Literaturbasis erfolgte.
Die imperiale Machtstruktur wird hierbei als analytische Brille verwendet, um ein klares Bild des Ist-Zustands der jeweiligen Großmacht zu gewinnen und somit eine interne Diagnose zur Beschreibung von Entwicklungsmuster und -pfad zu liefern. Um die Destabilisierung der jeweiligen imperialen Machtstrukturen verstehen zu können, wird die Annährung von ‚Nation‘ und Großmacht eingehend untersucht. Die Rolle des Imports nationalstaatlicher Ideologie-Konstrukte und die wachsende Bedeutung von Zentrum- und Peripherie-Nationalismus werden hierbei besonders betont. Des Weiteren werden grundsätzliche Fragen zu beiden Großmächten – sowie ‚Großmachttum‘ an sich – beantwortet, u.a. ob das Habsburgische und Russischen Reich sich jeweils tatsächlich im Untergang befanden, ob Großreiche tragfähige Konstrukte im Nationalstaatensystem darstellten, ob die Peripherien sich tatsächlich um Anschluss oder Abspaltung bemühten und ob imperialer Verfall somit unausweichlich war. Der Hang zur Destabilisierung war imperialen Machtstrukturen inhärent, weshalb ihre Steuerung und Kontrolle an erster Stelle stand. Beide Regime mussten sich mit einigen zentralen
Paradoxien auseinandersetzen, um sich im ‚Großmachtsystem‘ behaupten zu können, so zum Beispiel mit der massenhaften Formierung und Formalisierung von Peripherien bei gleichzeitig exponentieller Ausweitung der Steuerungs- und Kontrollanforderungen in ihren wachsenden Reichsgebieten. Eine Konzentration auf imperiale Machtstrukturen ermöglicht die Untersuchung solcher Phänomene und stellt somit ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem nicht nur Großreiche ab dem 19. Jahrhundert erforscht werden können, sondern auch ähnliche
Strukturen in der Gegenwart. Schlussendlich kann dieser Ansatz auch dabei helfen zu bestimmen, welche historischen Instanzen als Großmächte gelten bzw. als imperial beschrieben werden können.
Historical works on empires rarely focus on them as empires, and those that do tend to start from the premise of ‘imperial fall’. Imperial condition – the effect of being an empire – is often overlooked. Imperial fall caused by unprecedented world historical events can mask how empires were actually performing, as well as cloud the historiography. This is acute with the Habsburg and Russian Empires. Through examining these entities between 1854 and 1914, this work aims to fill a gap, analysing them as empires, whilst neutralising the First World War as a determining factor. For example, well before the War, both Empires could appear increasingly ‘damned if they did, and damned if they didn’t’, seemingly prone to endless internal destabilisation. The War that would topple them had nothing to do with it. Based on world and global history methodology, this multidisciplinary work combines historical sociology, economics, political science and traditional historical research. British diplomatic correspondence was mined to locate the reports of vested outsiders, taking on Dominic Lieven’s challenge to use such archives for more than diplomatic history. This was complemented by a broad literature base. The Imperial Power Structure is established as an analytical tool to obtain a clear picture of the health of empires; an internal diagnosis uncovering pattern and trajectory. To understand the destablisation to their Imperial Power Structures, the convergence of ‘nation’ and empire is examined. The effects on both Imperial Power Structures of importing nation-state ideological frameworks, and the rise of core and periphery nationalism, are strongly emphasised.
Fundamental questions concerning both empires – and empire – are addressed, including: whether the Habsburg and Russian Empires were actually in decline; whether empires were viable in the nation-state system; whether peripheries actually wanted in or out; and whether imperial dissolution was inevitable. Destabilisation was innate to Imperial Power Structures, therefore its management was paramount. Both regimes needed to contend with a number of key paradoxes in order to sustain themselves in the ‘great power’ system, against a backdrop of the mass formation and formalisation of peripheries whilst the remit for managing imperial space was growing exponentially. The Imperial Power Structure enables the investigation of such phenomenon, and ideally could become a tool to examine empires from the nineteenth-century on, and for examining contemporary bodies that resemble them. It could also help identify which entities could be considered empires, or imperial.
Geschichtswissenschaftliche Arbeiten zu Großreichen nehmen diese selten als solche in den Blick und jene, die es tun tendieren dazu den ‚imperialen Zerfall‘ als Ausgangspunkt ihrer
Analyse zu wählen. Der ‚imperiale Ist-Zustand‘, also die Frage was es bedeutet ein Großreich zu sein [und als ein solches zu agieren], wird dagegen oft übergangen. Ein singulärer Fokus auf den ‚imperialen Zerfall‘ als Folge unvorhergesehener weltgeschichtlicher Ereignisse kann folglich den
Blick darauf verstellen, wie sich Großreiche während ihres Bestehens tatsächlich verhielten und so die historiographische Betrachtung verengen. Dies wird besonders bei den Großreichen
Habsburgs und Russlands deutlich. Durch eine Untersuchung dieser beiden Großreiche als Großreiche von 1854 bis 1914 versucht die vorliegende Arbeit diese Lücke zu schließen und
gleichzeitig den ersten Weltkrieg als determinierenden Faktor [dieser Zeit] zu neutralisieren. Als Beispiel hierfür sei angeführt, dass beide Großreiche bereits weit vor dem Krieg zunehmend in
eine scheinbar unausweichliche Spirale der Destabilisierung geraten waren, welche mit dem Krieg, der ihr Ende besiegeln sollte, nichts zu tun hatte. Gestützt auf global- und weltgeschichtliche Methodologie kombiniert die multidisziplinäre
Arbeit geschichtssoziologische, sowie wirtschafts- und, politikwissenschaftliche Ansätze mit traditioneller geschichtswissenschaftlicher Forschung. Dominic Lievens Aufforderung folgend, diplomatische Archive für mehr als nur Diplomatiegeschichte zu verwenden, wurden Britische
diplomatische Korrespondenzen herangezogen, um Berichte von engagierten Beobachtern ausfindig zu machen, deren Analyse wiederum auf einer breit angelegten Literaturbasis erfolgte.
Die imperiale Machtstruktur wird hierbei als analytische Brille verwendet, um ein klares Bild des Ist-Zustands der jeweiligen Großmacht zu gewinnen und somit eine interne Diagnose zur Beschreibung von Entwicklungsmuster und -pfad zu liefern. Um die Destabilisierung der jeweiligen imperialen Machtstrukturen verstehen zu können, wird die Annährung von ‚Nation‘ und Großmacht eingehend untersucht. Die Rolle des Imports nationalstaatlicher Ideologie-Konstrukte und die wachsende Bedeutung von Zentrum- und Peripherie-Nationalismus werden hierbei besonders betont. Des Weiteren werden grundsätzliche Fragen zu beiden Großmächten – sowie ‚Großmachttum‘ an sich – beantwortet, u.a. ob das Habsburgische und Russischen Reich sich jeweils tatsächlich im Untergang befanden, ob Großreiche tragfähige Konstrukte im Nationalstaatensystem darstellten, ob die Peripherien sich tatsächlich um Anschluss oder Abspaltung bemühten und ob imperialer Verfall somit unausweichlich war. Der Hang zur Destabilisierung war imperialen Machtstrukturen inhärent, weshalb ihre Steuerung und Kontrolle an erster Stelle stand. Beide Regime mussten sich mit einigen zentralen
Paradoxien auseinandersetzen, um sich im ‚Großmachtsystem‘ behaupten zu können, so zum Beispiel mit der massenhaften Formierung und Formalisierung von Peripherien bei gleichzeitig exponentieller Ausweitung der Steuerungs- und Kontrollanforderungen in ihren wachsenden Reichsgebieten. Eine Konzentration auf imperiale Machtstrukturen ermöglicht die Untersuchung solcher Phänomene und stellt somit ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem nicht nur Großreiche ab dem 19. Jahrhundert erforscht werden können, sondern auch ähnliche
Strukturen in der Gegenwart. Schlussendlich kann dieser Ansatz auch dabei helfen zu bestimmen, welche historischen Instanzen als Großmächte gelten bzw. als imperial beschrieben werden können.
Historical works on empires rarely focus on them as empires, and those that do tend to start from the premise of ‘imperial fall’. Imperial condition – the effect of being an empire – is often overlooked. Imperial fall caused by unprecedented world historical events can mask how empires were actually performing, as well as cloud the historiography. This is acute with the Habsburg and Russian Empires. Through examining these entities between 1854 and 1914, this work aims to fill a gap, analysing them as empires, whilst neutralising the First World War as a determining factor. For example, well before the War, both Empires could appear increasingly ‘damned if they did, and damned if they didn’t’, seemingly prone to endless internal destabilisation. The War that would topple them had nothing to do with it. Based on world and global history methodology, this multidisciplinary work combines historical sociology, economics, political science and traditional historical research. British diplomatic correspondence was mined to locate the reports of vested outsiders, taking on Dominic Lieven’s challenge to use such archives for more than diplomatic history. This was complemented by a broad literature base. The Imperial Power Structure is established as an analytical tool to obtain a clear picture of the health of empires; an internal diagnosis uncovering pattern and trajectory. To understand the destablisation to their Imperial Power Structures, the convergence of ‘nation’ and empire is examined. The effects on both Imperial Power Structures of importing nation-state ideological frameworks, and the rise of core and periphery nationalism, are strongly emphasised.
Fundamental questions concerning both empires – and empire – are addressed, including: whether the Habsburg and Russian Empires were actually in decline; whether empires were viable in the nation-state system; whether peripheries actually wanted in or out; and whether imperial dissolution was inevitable. Destabilisation was innate to Imperial Power Structures, therefore its management was paramount. Both regimes needed to contend with a number of key paradoxes in order to sustain themselves in the ‘great power’ system, against a backdrop of the mass formation and formalisation of peripheries whilst the remit for managing imperial space was growing exponentially. The Imperial Power Structure enables the investigation of such phenomenon, and ideally could become a tool to examine empires from the nineteenth-century on, and for examining contemporary bodies that resemble them. It could also help identify which entities could be considered empires, or imperial.