Abstract (deu)
Biographik und die dazugehörige Biographieforschung stellen seit vielen Jahren in fast allen geisteswissenschaftlichen Disziplinen einen eigenen Forschungsbereich dar. Im Zuge dessen ist das Interesse an Biographieforschung auch in der Musikwissenschaft stark gestiegen und es liegen inzwischen größere selbstständige Studien in diesem Bereich vor. Diese bisher erschienenen Arbeiten beschäftigen sich jedoch in erster Linie mit Komponisten aus der klassischen und romantischen Zeit, Palestrina ist meiste der ‚älteste‘ Komponist, welcher genauer betrachtet wird.
An diese Forschungen anknüpfend, wird im Rahmen dieser Arbeit die Biographieschreibung zu Komponisten der Zeit um 1500 betrachtet, was stellvertretend anhand von vier Hauptvertretern der Epoche – Josquin des Prez, Heinrich Isaac, Pierre de la Rue und Jakob Obrecht – geschieht. Dazu wurden die biographischen Inhalte in ausgewählten, hauptsächlich deutschsprachigen Musikgeschichten und einschlägigen Lexika vom Beginn der Musikgeschichtsschreibung am Ende des 18. Jahrhunderts bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgewertet. Die Analyse bezieht sich unter anderem auf die Modelle in Künstlerbiographien, welche bereits 1934 von Ernst Kris und Otto Kurz für die Biographik in den Bildenden Künsten wissenschaftlich erfasst wurden und welche auch für Komponisten beinahe deckungsgleich zu detektieren sind.
Methodisch orientiert sich die Arbeit an Grundlagen der Diskursanalyse. Auf diese Weise konnte die Entstehung von bis in die Gegenwart tradierten Bildern, Erzählstrategien und Anekdoten aufgespürt werden. Neben diesen speziellen Fragestellungen in Bezug auf Renaissancekomponisten wurden auch allgemeine Überlegungen zur Biographik angestellt und vermeintlicher Sinn und Zweck biographischer Beschreibungen besonders bei solch fragmentarischer Quellenlage, wie sie für die Komponisten der Renaissance herrscht, hinterfragt.