Abstract (deu)
Viele WissenschaftlerInnen haben Modelle zu mittelenglischen Quantitätsverschiebungen aufgestellt, wobei auffallend ist, dass die überwiegende Mehrheit der LinguistInnen das mittelenglische Vokabular als ein einheitliches Ganzes betrachtet und nicht zwischen Wörtern unterschiedlicher etymologischer Herkunft differenziert. Ausgehend davon versuchte die vorliegende Forschungsarbeit zu klären, ob Lehnwörter aus dem Altfranzösischen und Anglo-Normannischen anders als heimische Wörter an die durch mittelenglische Vokallängenveränderungen hervorgebrachten Muster angepasst wurden. Diese Forschungsarbeit unterscheidet zwischen vier zentralen mittelenglischen Klangveränderungen, nämlich Dehnung in offener Silbe, Dehnung vor homorganer Konsonantengruppe, Kürzung in dreisilbligen Wörtern und Kürzung vor Konsonantengruppe. Traditionelle Erklärungsansätze werden komplementiert durch modernere Erklärungsmodelle. Zudem werden französische Lehnwörter hinsichtlich ihrer spezifischen Eigenschaften untersucht, die sich womöglich auf die Quantitätsverschiebungen ausgewirkt haben. Der empirische Teil dieser Arbeit besteht aus der Analyse von französischen Lehnwörtern, welche zwischen den Jahren 1000 und 1300 ins Englische übernommen wurden. Die Gegenstücke im Modernen Englisch werden abgeglichen mit den mittelenglischen Lehnwörten, um Quantitätsverschiebungen festzustellen. Verschiedene Faktoren werden dabei einer quantitativen Analyse unterzogen, wodurch bestimmt wird, welche phonetischen Rahmenbedingungen sich auf mittelenglische Quantitätsanpassung ausgewirkt haben. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Vielzahl an französischen Lehnwörtern im Mittelenglischen an die neuen Quantitätsmuster angepasst wurde. Einzelne Faktoren wirkten sich jedoch unterschiedlich auf heimische und entlehnte Wörter aus. Davon ausgehend wird argumentiert, dass eine genaue Beschreibung der mittelenglischen Vokallängenveränderung zwischen Wörtern unterschiedlicher etymologischer Herkunft differenzieren sollte. Ein probabilistischer Erklärungsansatz weist das größte Potenzial auf, das Verhalten von französischen Lehnwörtern im Mittelenglischen zu beschreiben. Dies liegt daran, dass keiner der untersuchten phonetischen Faktoren eine Vokallängenanpassung in jedem einzelnen der infrage kommenden Wörter bedingte.