Abstract (deu)
Stanley Milgram veranschaulichte in den 1960er Jahren mit Hilfe eines simulierten Lernexperiments, die hohe Gehorsamsbereitschaft von Versuchspersonen, sich den Befehlen einer vermeintlichen Autoritätsperson zu unterwerfen und einen Mitmenschen für falsch gegebene Antworten mit Elektroschocks, die eine etwaige tödliche Stärke hatten, zu bestrafen.
Keine zehn Jahre später konnte ebenso Philip Zimbardo (1973) gemeinsam mit seinen Kollegen in einer Gefängnissimulation zeigen, wie sehr soziale Normen und Rollen den Menschen beeinflussen können. Die Versuchspersonen verfielen rasch ihrer Rolle als Wärter oder Häftling, weshalb für sie die Grenzen zwischen Realität und Experiment verschwammen und seitens der Häftlinge eine hohe Bereitschaft zu Gehorsam beobachtet werden konnte.
Ein weitere bedeutsame Theorie, die in diesen Jahrzehnten entstanden ist, ist die „Drive Theory“ von Robert Zajonc. Diese besagt, dass bei der Ausführung von leichten oder gut gelernten Aufgaben die Anwesenheit anderer zu einer Leistungssteigerung führt, handelt es sich hingegen um eine schwierige, kann eine Leistungshemmung beobachtet werden. Zajonc verhalf somit zu einem Verständnis der Phänomene soziale Aktivierung und Hemmung.
Anhand dieser drei Theorien von Milgram, Zimbardo und Zajonc wurde ein Fragebogen mit 58 Gehorsamkeitssituationen erstellt (z.B. Sie arbeiten als Koch bzw. Köchin in einem Restaurant. Ihr/e Chef/in zwingt Sie bereits abgelaufene Lebensmittel zu verarbeiten. Gehen Sie der Aufforderung nach?), der dazu dienen soll, Fragen bezüglich Gehorsamkeit in teils alltäglichen Situationen zu beantworten. Dieser wurde 101 Personen zur Beantwortung vorgelegt.
Zusätzlich zu der Gehorsamsbereitschaft wurden folgende Persönlichkeitsvariablen erhoben, um den Zusammenhang zwischen denselbigen und dem gehorsamen Verhalten zu untersuchen: die Beziehungsqualität zwischen Mitarbeitern und Führungspositionen mittels des Leader-Member-Exchange (LMX-7) von Schyns und Paul (2014), der Selbstwert anhand der Skala von Collani und Herzberg (2003), der regulatorische Fokus (Lockwood, Jordan & Kunda, 2002) und die Big Five-Dimensionen anhand der Kurzversion des NEO-PI-R nach Ostendorf und Angleitner (2004).
Das Cronbachs Alpha der Gesamtskala ergab α=0,60. Aufgrund der Handhabbarkeit des Gehorsamkeitsfragebogens wurde eine Kurzversion erstellt. Dieser besteht aus elf Items.
Die Ergebnisse dieser gekürzten Endversion weisen darauf hin, dass von den Big Five lediglich die Offenheits- und Verträglichkeitswerte mit der Bereitschaft zu Gehorsam korrelieren. Desto offener Personen sind, desto eher verhalten sie sich gehorsam, wenn Zuseher anwesend sind. Die Situationen, die sich Zajonc zuordnen lassen, stehen außerdem gemeinsam mit jenen nach Zimbardo im Zusammenhang mit der Verträglichkeit. Für letztere gilt: je verträglicher eine Person ist, desto eher reagiert sie gehorsam. Das Gegenteil trifft auf Situationen mit Publikum zu – eine Person, die sich als unverträglich beschreibt, zeigt in diesen eher Ungehorsam.
Weiters zeigen die Ergebnisse, dass sowohl die Beziehungsqualität zum Vorgesetzten als auch der Selbstwert einen Einfluss auf die Reaktion in Situationen ausüben, die Milgram zuordenbar sind. Je schlechter Personen die Beziehung zu ihrer Führungskraft bewerten, desto eher verhielten sie sich gehorsam. Das selbe Verhalten konnte bei Personen mit einem niedrigen Selbstwert beobachtet werden. Außerdem weisen die Resultate darauf hin, dass je höher der Selbstwert einer Person ist, desto wahrscheinlicher zeigt diese kein ungehorsames Verhalten in jenen Gehorsamkeitssituationen, die sich Zimbardos Theorie zuordnen lassen.
Ein weiteres Ergebnis dieses reduzierten Fragebogens ist, dass weder ein signifikanter Alters- noch Geschlechtsunterschied in der Bereitschaft zu Gehorsam festgestellt werden konnte.