Abstract (deu)
Die Fähigkeit der Eltern, das Verhalten ihres Kindes als beeinflusst von zugrundeliegenden
mentalen und affektiven Zuständen zu verstehen, trägt entscheidend zum Aufbau der
Eltern-Kind-Beziehung bei.
Eltern mit hoch ausgeprägter Mentalisierungsfähigkeit können einfühlsamer auf ihr Kind eingehen, was Konsequenzen für die weitere sozioemotionale und kognitive Entwicklung des Kindes hat. Diese Zusammenhänge wurden bisher empirisch
fast nur bei Müttern untersucht. Auch Väter zeigen intuitives Elternverhalten und ihre Rolle hat sich in den letzten Jahrzehnten in Mitteleuropa vom Ernährer und der moralischen
Autorität der Familie zum Co-Betreuer des Kindes gewandelt. Somit scheint es von großer gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Relevanz, die Konsequenzen und
Voraussetzungen seines Engagements in der Kindererziehung zu untersuchen.
Die Vater-Kind-Interaktion unterscheidet sich in Stildetails von jener der Mutter. Das Spiel wird als wichtigster Kontext der Vater-Kind-Interaktion betrachtet. Dabei scheinen andere
Verhaltensaspekte als die häufig herangezogene Sensitivität relevanter zu sein. Grossmann (K. Grossmann et al., 2002) erhob Sensitivität in Kombination mit Herausforderung
in der Spielsituation. In der vorliegenden Studie wurde neben der Vertrautheit, die ähnlich wie Sensitivität die emotionale Abstimmung des Vaters auf das Kind beinhaltet, Aktivierung
als vaterspezifischer Verhaltensaspekt untersucht. Analog zur Studie von Grossmann und Kollegen (K. Grossmann et al., 2002) wurde damit versucht, auch die körperliche, kognitive sowie emotionale Stimulierung und Anregung zur Exploration zu erfassen.
Das väterliche Engagement und die Qualität der Interaktion variiert in einigen Studien in Abhängigkeit vom Geschlecht des Kindes. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass es mit dem Alter des Kindes zu Veränderungen der väterlichen Mentalisierungsfähigkeit sowie seines Umgangs mit dem Kind kommen könnte.
68 Vater-Kind-Dyaden wurden in einer „Herausfordernden Spiel-Situation“ beobachtet und ihr Verhalten von zwei unabhängigen Kodierern bezüglich Vertrautheit und Aktivierung nach Ruiz und Kollegen (in Vorb.) bewertet. Mit den Vätern wurde das Parent Development Interview (Supper et al., 2012) durchgeführt und bezüglich Reflective Functioning (Slade, Bernbach, et al., 2005) ausgewertet.
Die Vertrautheit, nicht aber die Aktivierung war bei älteren Kindern höher ausgeprägt als bei jüngeren. Außerdem spielten Väter mit älteren Kindern kürzer als mit jüngeren. Es gab
keine signifikanten Geschlechtsunterschiede bezüglich der Interaktion in der Spielsituation oder allgemeinem Reflective Functioning. Tendenziell aktivierten Väter ihre Töchter
mehr als ihre Söhne. Die Reflexion über die eigene Kindheit war bei Vätern von Töchtern höher ausgeprägt als bei Vätern von Söhnen. Die Vertrautheit in der Spielsituation stand
in positivem Zusammenhang mit der allgemeinen Reflexionsfähigkeit und konnte tendenziell
durch diese vorausgesagt werden.
Zukünftige Studien sollten etwas ältere Kleinkinder
sowie weitere Spielsituationen und Verhaltensindikatoren einbeziehen.