Abstract (deu)
Der von der offenen Dramaturgie vollführte Bruch mit klassischen Hollywood-Modellen manifestiert sich in seiner narrativen Gestaltung als die gegenüber dem konventionellen Spielfilm behauptete Steigerung der Realitätsnähe und führt die politische Positionierung seines Autors mit sich. Die vorliegende Arbeit untersucht Strukturen diverser Dramaturgiemodelle, den Begriff des Autorenfilms und seines Realitätsverhältnisses, um sich abschließend der Auseinandersetzung mit zwei zeitgenössischen Autoren zu widmen.
In der Einführung wird zunächst anhand des neoformalistischen Ansatzes von David Bordwell und Kristin Thompson das klassische Dramaturgiemodell umrissen, sowie Elemente aus Robert McKees Drehbuchratgeber hinzugezogen um darauffolgend, in erster Linie auf Umberto Ecos Ausführungen und Wolfgang Isers Konzept der Leerstelle gestützt, die dazu in Opposition stehende offene Form zu charakterisieren. Im zweiten Kapitel folgt der Versuch einer Definition des einem alternativen Erzählmuster verhafteten Autorenfilms, der in verschiedenen historischen Gruppierungen – allen voran die Nouvelle Vague - immer wieder eskapistische Erzählpraktiken der Unterhaltungsindustrie durch seine Medienpraxis kritisierte. Nicht nur ein historischer Überblick, auch Roland Barthes’ und Michal Foucaults Schriften zum Autor beleuchten die Vielgestaltigkeit des Begriffs und den komplexen Diskurs um den Autorenfilm. Das dritte Kapitel nähert sich dem Komplex des Realismus im Film zuerst mithilfe des relativen Ansatzes des Nouvelle-Vague-Paten André Bazin, schließt mit Barthes Wirklichkeitseffekt sozusagen funktionsloser Elemente an und wird von Thompsons neoformalistischer Theorie der Motivierung und der gegensätzlichen Screen-Theory ergänzt. Der hybride Ansatz aus Filmtheorie, Soziologie und Gesellschaftskritik, der sich in Kracauers Theory of Film findet, liefert im vierten Kapitel philosophische Anknüpfungspunkte hinsichtlich der Reaktion filmischer Strukturen auf sozial-politische Entwicklungen des entfremdeten modernen Individuums und seiner physischen Realität. Der letzte Teil, der auf Interviews und eigenen dramaturgischen Analysen basiert, setzt sich mit dem Autorenfilmer Michael Haneke und Code inconnu sowie Christian Petzold und seinem Werk Jerichow auseinander. Anhand dieser beiden Beispiele kann bestätigt werden, dass der Bruch mit den der klassischen Spielfilmdramaturgie inhärenten utopischen Konventionen auf der ideologischen Haltung der Autoren basiert.