Abstract (deu)
Im deutschen Recht wird der Begriff der „Rasse“ verwendet. Er ist festgeschrieben und tief verankert, vor
allem da, wo Menschen vor Diskriminierung geschützt werden sollen. In der vorliegenden Arbeit wird ein Änderungsantrag der Berliner Landesverfassung aus dem Jahr 2015 untersucht, welcher die Ersetzung des Begriffs „Rasse“ durch den Wortlaut „aus rassistischen Gründen“ vorsah. Die Analyse dieses Rechtsdiskurses zeigt, dass es durch die juristische Konstruktion der „Rasse“ zwar möglich ist, Menschen vor rassistischer Diskriminierung zu schützen, allerdings wird die rassialisierte Differenz durch die
Verwendung des „Rassebegriffs“ fortgeschrieben und gesichert. Das Recht treibt in diesem Sinne ein doppeltes Spiel und trägt einen immanenten Widerspruch in sich: Es will vor Rassismus schützen, produziert aber gleichzeitig Ungleichheit durch die Verwendung des „Rassebegriffs“ und der damit einhergehenden Reproduktion rassistischen Wissens. Die „Rasse“ ist seit Anbeginn ihrer konzeptuellen Entstehung eine Markierung für „Fremdheit“ und „Andersheit“. „Rassenkonzepte“ dienten, vor allem mit ihrer (pseudo)wissenschaftlichen Fundierung, immer schon zur Ausbeutung, Hierarchisierung und Herabwürdigung von Menschen. Die hegemoniale Auffassung des „Rassebegriffs“ wird in der vorliegenden Arbeit anhand einer europäischen Richtlinie (2000/43/EG) und dem deutschen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz untersucht. Die als oberflächlich identifizierten Auseinandersetzungen mit dem „Rassebegriff“ führen dazu, dass sich die diskursiven Aufladungen desselben in einen Spektrum von unkritisch bis biologistisch bewegen und Rassialisierungsprozesse fortschreiben. Der „Rassebegriff“ wird kaum in Frage gestellt. In antirassistischen Rechtsdiskursen, welche durch den Änderungsantrag der Berliner Landesverfassung Art. 10 Abs. 2 Eingang finden, bedeutet das Sprechen über die „Rasse“ immer auch das Sprechen über Rassismus. Die kategoriale Festschreibung der „Rasse“ zum Schutz vor rassistischer Diskriminierung hat einerseits zur Folge, dass „Rasse“ als gesellschaftliche Ordnungskategorie durch Referenzbildung fortbesteht und andererseits, dass sich Betroffene sowie Jurist*innen immer wieder rassistischer Terminologie bedienen müssen, um Rechte geltend zu machen. Das Fortbestehen der „Rasse“ wird durch die rechtliche Verwendung und die Performative Kraft des Rechts gesichert, gleichzeitig lassen Ersatzkategorien wie „Ethnie“ und „Kultur“ Ausweichstrategien erkennen, welche sich rassistischen Vorstellungen nicht entledigen, sondern die konzeptuellen Aufladungen des „Rassebegriffs“ in anderen Kleidern fortschreiben.