Abstract (deu)
Theorie: Die Neurowissenschaft kann das Rechtssystem grundlegend beeinflus-sen, indem sie die Vorstellung von Verantwortlichkeit und Moralität verändert (Greene & Cohen, 2014). Der Glaube an einen freien Willen (GfW) stellt einen grundlegenden Faktor in dieser Zusammenhangskette dar (z.B. Shariff et al., 2014). Zielsetzungen: Der GfW soll durch einen neurobiologischen Text, der die Existenz des freien Willens negiert, gesenkt werden, wodurch letztlich eine Auswirkung auf die die Bestrafungsintensität der Probanden/Probandinnen erwartet wird. Defizite bisheriger Studien sollen aufgezeigt und korrigiert werden und explorative Elemen-te in die Thematik eingebettet werden (Expertise und Wissenschaftsgläubigkeit). Fragestellungen: Es soll geprüft werden, ob eine Manipulation – durch neurobiolo-gische Information – des GfW sowie der Bestrafungsintensität gelingt. Der Zusam-menhang zwischen dem GfW und dem Bestrafungsausmaß soll kontrolliert werden. Zusätzlich wird überprüft, wie die Wissenschaftsgläubigkeit mit den genannten Fak-toren zusammenhängt und ob Unterschiede zwischen Experten/Expertinnen zu Laien existieren. Methode: Mithilfe eines Online-Fragebogens wurden 336 Perso-nen im Alter von 16 bis 81 Jahren befragt, wobei randomisiert 153 davon einen neu-robiologischen Manipulationstext erhielten (VG) und 183 einen Kontrolltext (KG). Die Fragebogenbatterie enthielt zudem Items, die den GfW, die Wissenschaftsgläu-bigkeit, die Bestrafungsintensität sowie die soziodemographischen Daten erhob. Ergebnisse/Diskussion: Eine Veränderung des GfW sowie der Bestrafungsintensi-tät konnte durch die Manipulation nicht bewirkt werden. Weiters unterscheiden sich Experten/Expertinnen der Rechtswissenschaft resp. Neurowissenschaft hinsicht-lich des Bestrafungsausmaßes und des GfW nicht von Laien. Positive Zusammen-hänge zwischen dem GfW und der Bestrafungsintensität sowie mit der Wissen-schaftsgläubigkeit konnten beobachtet werden. Einzelne Belege, die hier oder in Vorstudien dargelegt werden, sprechen dafür, dass weiteres interdisziplinäres For-schen auf diesem Gebiet gewinnbringend wäre.