Abstract (deu)
Nach jahrzehntelanger Diskrminierung und Marginalisierung, beziehen sich die Ju/’hoansi San im Nordosten Namibias heute auf kreative Weise auf ihr kulturelles Erbe, um es im Kontext von ‚Lebenden Museen‘ und ‚Kulturellen Dörfern‘ vor zahlenden Touristen zu ‚performen‘. Aufgrund des rasanten Anstiegs des touristischen Sektors, ist es wesentlich sich mit seinen Konsequenzen zu befassen. Meine Forschungsfrage beinhaltet daher die Analyse von Strategien und Aktionen, die während der Erschaffung kultureller Aktivitäten für Touristen entwickelt werden. Dafür fokussierte ich auf die Motivationen der indigenen Akteure; die Interpretationen von inkorporiertem traditionellem Wissen für die Konstruktion einer ‚Performance‘; die Regeln die solche Vorführungen beeinflussen; die Rolle(n) des Publikums; sowie mögliche Zukunftsentwicklungen.
Meine Recherche basiert auf zwei im Jahr 2014 abgehaltene Feldforschungen mit der Anwendung folgender empirischer Methoden: teilnehmenden Beobachtung, narratives Interview, Experteninterviews, sowie informelle Gespräche. Die zwei Feldaufenthalte unterschieden sich aufgrund der Zugänge und Perspektiven stark voneinander, was meine Forschung erheblich beeinflusste. ‚Lebenden Museen‘ und ‚Kulturelle Dörfer‘ existieren hauptsächlich durch die ‚Performance‘ von immateriellem Kulturerbe – die Besucher und Touristen zahlen, um ‚traditionelle‘ Aktivitäten als inszenierte Darstellungen zu sehen, was der Situation den Beigeschmack von ‚Inauthnetizität‘ verleiht. Die theoretische Einbettung des Themas ist demnach zwischen Tourismusanthropologie, der Analyse kultureller Kommodifizierung und ‚Authentizität‘ sowie ‚Performance Studies‘ angesiedelt.
Durch die regelmäßige Befassung mit dem eigenen kulturellen Erbe als Grundlage für ökonomisches Überleben, interpretieren es die Ju/‘hoansi auf experimentelle Weise neu, um spezifische touristische Inszenierungen zu erschaffen. Für diesen Zweck ziehen sie traditionelle Kleidung an und passen den Schauplatz und die ‚traditionellen‘ Aktivitäten den angenommenen Wunschvorstellungen der besuchenden Touristen an. Die kulturellen ‚Performances‘ werden ständig verändert und resultieren aus der Interaktion zwischen Zuschauern und Darstellern. Die Kinder wachsen mit der regelmäßigen Inszenierung ‚traditioneller‘ Kultur auf und üben und imitieren die Darstellungen auf ihre eigene spielerische Weise. Durch die bewusste Auseinandersetzung mit ihrem immateriellen Erbe sind die San mittlerweile zu stolzen Lehrern und gefragten Experten ihres traditionellen Wissens, sowie ihrer wachsenden unternehmerischen Erfahrung geworden.