Abstract (deu)
Friedrich Wilhelm Jähns weist in seinem Werkverzeichnis Carl Maria von Weber in seinen Werken. Chronologisch – thematisches Verzeichniss seiner sämmtlichen Compositionen […], Berlin: Schlesinger 1871 (dort auf Seite 207) darauf hin, dass Carl Maria von Webers Kantate Kampf und Sieg. Cantate zur Feier der Vernichtung des Feindes im Juni 1815 bei Belle-Alliance und Waterloo (Op. 44) musikalische Bezüge auf seine Opern Silvana, Abu Hassan und auf das Lied „Lützows wilde Jagd“ aus Leyer und Schwert (Op. 42, Nr. 2) aufweist, aber auch in seiner Jubel-Ouvertüre sowie in der Oper Euryanthe Bezug auf Op. 44 genommen wird. Basierend auf diesen Erkenntnissen Jähns', die um das Lied „Gebet vor der Schlacht“ (ebenfalls aus Leyer und Schwert, Op. 42, Nr. 3) ergänzt werden, wird in vorliegender Masterarbeit der Frage nachgegangen, welcher Art diese musikalischen Bezüge sind: Handelt es sich um Allusionen, wie im Titel angekündigt? Oder doch um musikalische Topoi oder gar Zitate? Der Überblick über die Definitionen der Begriffe kontrastive und assimilative Allusion bzw. Anspielung, Zitat, Anleihen, Ähnlichkeiten, aber auch des Topos, die Berücksichtigung der Entstehungsgeschichten und insbesondere der musikanalytische Vergleich sollen dabei helfen, Antworten auf die Fragen nach der Art der musikalischen Bezugnahmen, deren Bedeutungen und Funktionen zu erhalten. Ebenso wird auf den Aspekt des Stellenwertes der Werke als auch auf die Frage, ob in den Liedern „Gebet vor der Schlacht“ und „Lützows wilde Jagd“ aus Leyer und Schwert und in der Kantate Op. 44 ein „idealer“ oder „realer“ Verlauf einer Schlacht dargestellt werden, eingegangen.
Die vorliegende Arbeit zeigt, dass Jähns' Beobachtungen an musikalischen Bezügen um weitere ergänzt werden können. Darüber hinaus können diese mithilfe des musikanalytischen Vergleichs als assimilative Allusionen, Topoi, Zitate, aber auch als Allusionen mit gleichzeitig vorhandenem Topos benannt werden. Welch bedeutenden Einfluss die Aufführungen auf die Wahrnehmung und Benennung von musikalischen Bezügen haben können, wird im Zuge der Diskussion um eine assimilative Allusion innerhalb des Vergleichs von „Gebet vor der Schlacht“ aus Leyer und Schwert mit Nr. 4 der Kantate Op. 44 deutlich. Was den Topos betrifft, so werden verschiedene Ausprägungen und daneben auch Grade an Individualisierungen zu beobachten sein, die (genauso wie Zitat und Allusion) Hinweise auf die Arbeitsweise C. M. v. Webers geben können. Im Bezug auf die Arbeitsweise, aber auch auf den Stellenwert wird zu sehen sein, dass C. M. v. Weber die Vorlage(n), auf die er sich im jeweiligen „neuen“ Werk bewusst bezog, grundsätzlich je nach Aktualität, Popularität bzw. Erfolg des „alten“ Werkes auswählte (sozusagen, um die Chance auf den Erfolg des neuen Werkes zu erhöhen) und danach, ob es sich bei dem neuen Werk um ein Widmungs- und/ oder Auftragswerk handelte; auch das berufliche Vorhaben dürfte bei der Wahl der Vorlage eine entscheidende Rolle gespielt haben.