Abstract (deu)
Visuelle Aufmerksamkeit kann aus zwei wesentlichen Gründen auf einen Stimulus gerichtet werden. Einerseits kann ein Stimulus Aufmerksamkeit erregen, weil er für das aktuelle Ziel relevant ist (top-down). Andererseits kann ein Stimulus die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, weil er besonders auffällig ist oder einen adaptiven Vorteil bietet (bottom-up). In dieser Masterarbeit untersuchten wir, ob subliminal präsentierte Gesichter die Aufmerksamkeit durch einen bottom-up oder top-down Mechanismus erfassen können, wenn sie gleichzeitig in den gegenüberliegenden Sehfeldern präsentiert werden. Dazu verwendeten wir eine angepasste Version von Posners Hinweisreizparadigma. In der Hinweisreiz-Anzeige wurden ein zielrelevantes (neutrales) Gesicht und ein zweites emotionales (ängstliches oder angewidertes) Gesicht gezeigt. Das neutrale Gesicht war zielrelevant, weil die Probanden instruiert wurden nach dem neutralen Gesicht in der Zielanzeige zu suchen und konnte daher potentiell die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das emotionale Gesicht könnte die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, weil es ein evolutionär wichtiger Stimulus ist. Die Verhaltensdaten zeigten keine Aufmerksamkeitsverlagerung zu einem der Stimuli. Allerdings zeigten elektrophysiologische Aufnahmen eine größere Negativität bei etwa 300 ms nach dem Hinweisreiz-Beginn, kontralateral zum zielrelevanten (neutralen) Gesicht. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Teilnehmer ihre visuelle Aufmerksamkeit auf das zielrelevante Gesicht in der Hinweisreiz-Anzeige gerichtet haben. Daher argumentieren wir, dass das top-down Suchschema in der Lage war, eine bottom-up Erregung der Aufmerksamkeit für einen emotionalen Gesichtsausdruck zu überschreiben, wenn die Reize subliminal präsentiert wurden.